Gelsenkirchen. Ausschlaggebend war das Jahr, in dem der junge Mann seinen Bundesfreiwilligendienst beim Jugendreferat der Evangelischen Kirche absolvierte.

  • „Ein bisschen Glaube war schon immer da“, sagt der heute 23-jährige Ansgar Wittkämper. „Schon in der Grundschule“
  • Den Ausschlag gab der Bundesfreiwilligendienst im Jugendreferat der Ev. Kirche. Er dachte viel über den Glauben nach
  • Wann er zum Gottesdienst geht, entscheidet der junge Christ selbst: „Der Glaube gehört mir, es ist egal, wann ich ihn auslebe“

„Mit Religion habe ich eigentlich nie viel am Hut gehabt“, sagt Ansgar Wittkämper und rührt etwas gedankenverloren in seinem Kaffee. Warum er sich trotzdem im Alter von 21 Jahren hat taufen lassen – das sei eine Geschichte mit vielen Umwegen. Ausschlaggebend war das Jahr, in dem der junge Mann seinen Bundesfreiwilligendienst (BFD) beim Jugendreferat der Evangelischen Kirche Gelsenkirchen-Wattenscheid gemacht hat.

Während dieser Zeit war er als Diakonischer Helfer in vielen evangelischen Gemeinden unterwegs – Verwaltung und Planung von Veranstaltungen für jugendliche Christen war zunächst seine Aufgabe. „Irgendwie bin ich dann immer mehr in die Gemeindearbeit reingerutscht, auf einmal stand die Kirche nicht nur beruflich in meinem Lebensmittelpunkt“, erinnert sich der heutige 23-Jährige. „Ich habe mir in dieser Zeit viele Gedanken über den Glauben und die Kirche gemacht.“

„Ein bisschen Glaube war schon immer da“

Aber schon als Kind hat sich Ansgar Wittkämper mit dem Thema immer wieder beschäftigt. Die Eltern – der Vater katholisch, die Mutter evangelisch – hatten es dem Sohn überlassen, ob und wann er sich für den Glauben, für eine Kirche entscheiden möchte. „Ein bisschen Glaube war immer da“, betont Wittkämper. „Schon während meiner Grundschulzeit habe ich den Gedanken gehabt, mich taufen zu lassen, dann aber wieder verworfen.“ Auch am evangelischen Religionsunterricht hat der Student aus Wattenscheid stets teilgenommen, da die meisten seiner Freunde evangelisch waren. Und „immer gute Noten gehabt.“

Zweifel waren jedoch stets vorhanden. „Ein Freund von mir hat dann irgendwann mal die entscheidende Frage gestellt“, so Wittkämper. „Er hat mir aus der Seele gesprochen als er fragte: ‘Was ist eigentlich der Unterschied zwischen dem katholischen und dem evangelischen Gott?’ – eine Frage, die mich selbst so lange und heute noch beschäftigt.“

Gespräch mit dem Pfarrer seiner Gemeinde

Der Gedanke, sich taufen zu lassen, reifte immer mehr. Besonders das Zusammengehörigkeitsgefühl, die Gemeinschaft innerhalb der evangelischen Gemeinden aber auch die Freiheit im Glauben hat es dem Studenten angetan. Viel hat Ansgar Wittkämper damals mit seiner Vorgesetzten gesprochen. „Mein Tonus war schon immer: Ich kann doch glauben wann, wo und wie ich möchte...“, sagt Wittkämper. „Meine Vorgesetzte damals meinte nur: ‘Ansgar, aus dir würde ein guter Protestant werden’.“ Obwohl der junge Skeptiker nach wie vor unsicher war, vereinbarte Ansgar Wittkämper einen Termin beim Pfarrer seiner Gemeinde, Holger Dirks, um mit ihm über eine eventuelle Taufe zu sprechen. „Das Gespräch kam sehr schnell zustande“, sagt Wittkämper. „Und auch meine autarke Einstellung zum Thema Glaube ist sehr tolerant aufgenommen worden.“

Die Taufe fand 2014 im Jugendgottesdienst statt

Im Oktober 2014 hat sich Ansgar Wittkämper dann bei einem Jugendgottesdienst taufen lassen. Angepeilt war eigentlich eine Feier im kleinen Rahmen. „Dass es dann doch so eine große Sache war, damit kann ich leben“, sagt der Täufling. Heute studiert Ansgar Wittkämper Soziale Arbeit und weiß jetzt schon, dass er der evangelischen Kirche treu bleiben möchte. Als Gemeindemitglied, aber auch beruflich. Dennoch, wann und ob er in einen Gottesdienst geht, entscheidet der junge Christ immer noch selbst. Es gilt nach wie vor: „Der Glaube gehört mir und es ist egal, wann ich ihn auslebe! Für diese Freiheit steht für mich die evangelische Kirche.“

Martina Rudowitz: Früher katholisch, heute evangelisch

Nicht wie die Jungfrau zum Kinde, sondern vom Kinde zur evangelischen Kirche kam Gelsenkirchens erste Bürgermeisterin Martina Rudowitz.

Bürgermeisterin Martina Rudowitz ist heute evangelisch.
Bürgermeisterin Martina Rudowitz ist heute evangelisch. © Martin Möller

Letztendlich waren Kontakte in der evangelischen Kita, in die ihre Kinder in den 90er-Jahren gingen, ausschlaggebend dafür, dass sich Rudowitz zu einem Übertritt von der katholischen in die evangelische Kirche entschlossen hat. „Ich konnte mich mit der katholischen Kirche schon lange nicht mehr wirklich identifizieren“, sagt sie. „Diese verkrustete Haltung – sei es das Zölibat oder alles andere drum herum.“

Ökumenische Hochzeit kam nicht zustande

Schon bei der Hochzeit mit ihrem Ehemann legte die katholische Kirche dem Paar Steine in den Weg. „Wir hätten gerne ökumenisch geheiratet, doch damals haben sich die Katholiken noch sehr quergestellt.“ So wurde das Paar protestantisch getraut – die Tochter und der Sohn evangelisch getauft. „Es war für mich dann eigentlich nur eine logische Konsequenz, dass ich auch übertreten werde“, so die Rotthauserin.

Dass sie nicht die Einzige war, die damals, Anfang der 90er Jahre, mit dem Gedanken gespielt hat, merkte Rudowitz schnell. „Viele Elternteile in der evangelischen Kita hatten damals ähnliche Gedanken, wir waren in ähnlichen Situationen.“ Es gab einige Paare, die jeweils unterschiedlichen Konfessionen angehörten. Gespräche folgten, die ausschlaggebende Idee kam bei einem Gemeindefest.

Außergewöhnlicher Gottesdienst in Rotthausen

„Es war dann wohl einer der außergewöhnlichsten Gottesdienste in Rotthausen, als wir mit insgesamt 13 Personen festlich in den Schoß der evangelischen Kirche aufgenommen worden sind“, erinnert sich Martina Rudowitz noch heute mit einem Schmunzeln und ergänzt: „Ich bin nach wie vor in meiner Gemeinde sehr verwurzelt.“