Gelsenkirchen. . Familie Ruhl aus Scholven züchtet Pyrenäenberghunde mit viel Leidenschaft. Verewigt sind die sanften Riesen sogar als Tattoo.

Was für ein Gewusel. Im Haus von Familie Ruhl herrscht tierischer Ausnahmezustand. Carla, Cira, Cato, Caruso und Connor halten sowohl ihre vierbeinigen als auch die zweibeinigen Hundeeltern schwer auf Trab. Die neun Wochen alten Welpen stehen kurz vor dem Auszug – Hauptzuchtwartin Hannelore Bokelmann nimmt die „Kleinen“ noch zum letzten Mal unter die Lupe. Die „Kleinen“, die mittlerweile im Schnitt 9,5 Kilogramm wiegen sind französische Pyrenäenberghunde, Hunde-Mama Minou bringt 51 und Papa Jukon stattliche 65 Kilogramm auf die Waage.

Sanfte Riesen werden die Vertreter der Rasse auch gerne genannt – was sich bei der Untersuchung der Welpen erneut bestätigt. Völlig entspannt lässt der Nachwuchs die Tortur über sich ergehen – die Eltern Minou und Jukon stehen gelassen dabei.

Doch wie kommt man dazu, Hirtenhunde, die eher an ein lammfrommes Kalb erinnern, in der Großstadt zu halten und auch zu züchten? „Eigentlich sind wir da so reingerutscht“, sagt Marion Ruhl, die sich seit der Geburt des Nachwuchses 24 Stunden am Tag um die Welpen und natürlich auch die Hundeeltern kümmert. „Es ist eine Herzensangelegenheit, ein Hobby, das uns völlig einnimmt, das wir aber nie und nimmer missen möchten.“ Eine Liebe, die bei Ehemann Stefan sogar richtig unter die Haut geht.

Portrait des Zucht-Rüden Bullwei auf der Brust

Das Portrait seines ersten Zucht-Rüden, Bullwei, ziert die Brust des Familienvaters aus Scholven. „Als Bullwei, der Papa unserer ersten zwei Würfe, vor einem Jahr gestorben ist, kam noch ein Erinnerungs-Tattoo dazu“, sagt Ruhl. „Mit dem Spruch ‘Legenden sterben nie’ und einem Kompass möchte ich mich immer an ihn und die vielen Orte, an denen wir gemeinsam unterwegs waren, erinnern.“ Und es sei noch viel Platz auf seiner Haut, ergänzt Ruhl, der hauptberuflich als Polier arbeitet, augenzwinkernd. Minou und Jukon haben also gute Chancen, auch auf Herrchens Körper-Leinwand irgendwann ein Denkmal zu erhalten.

Hannelore Bokelmann, Hauptzuchtwartin vom Klub für ungarische Hirtenhunde (r.), begutachtet und beurteilt die Welpen von Stefan Ruhl bei einer Wurfabnahme. Mit im auch Ehefrau Marion (l.).
Hannelore Bokelmann, Hauptzuchtwartin vom Klub für ungarische Hirtenhunde (r.), begutachtet und beurteilt die Welpen von Stefan Ruhl bei einer Wurfabnahme. Mit im auch Ehefrau Marion (l.). © Thomas Schmidtke

Doch bis dahin „sollen hoffentlich noch viele Jahre verstreichen“, wünscht sich Marion Ruhl. „Weiterer Nachwuchs ist irgendwann dann auch wieder geplant.“ Jetzt heißt es jedoch zunächst Abschied nehmen von den fünf flauschigen Rackern, die die Familie seit Wochen ganz in Beschlag genommen haben.

Gemeinsames Nachtquartier mit den Hunden

„Es ist eine sehr intensive und tolle, aber auch sehr anstrengende Zeit“, sind sich die Ruhls über die Aufzucht einig. „Am Anfang schlafen wir auch gemeinsam mit der Hündin und den Welpen im Hundehaus, damit von vorneherein eine soziale Bindung zu den Welpen entsteht.“

Die Junghunde an ihre neuen Besitzer zu übergeben, fällt den Züchtern aus Leidenschaft schwer. „Es ist daher ein Abschied mit einem weinenden und einem lachenden Auge“, sagt Marion Ruhl. „Wir werden die Fünf sehr vermissen.“ Aber, so betont Stefan Ruhl, es sei bei ihnen die Gewissheit da, dass die Welpen in ein sehr gutes Zuhause kommen. „Wir sind bei der Auswahl neuer Halter sehr wählerisch“, gibt Ruhl offen zu. „Denn eines müssen die Besitzer definitiv wissen: Man besitzt keine Pyrenäenberghunde, man lebt mit ihnen!“ Immerhin: Minou und Jukon, die beiden sanften Riesen, bleiben der Familie ja erhalten.