Gelsenkirchen. . Bei der Gala der Wirtschaftsinitiative heben Unternehmer die Stärken des Standorts hervor. Diskutiert wird auch das schlechte Image der Stadt.
- Über 250 Gäste aus der Wirtschaft und der Gesellschaft kamen zur 13. Wirtschaftsgala
- In der Vivawestzentrale am Nordsternpark ging es um die Zukunftschancen der Stadt
- Immer wieder ein Thema: Das schlechte Image der Stadt und ihre verkannten Stärken
Gelsenkirchen, eine abgehängte Stadt? Die Frage lag nahe bei der Wirtschaftsgala in der Vivawest-Zentrale nach den Schlagzeilen der laufenden Woche, in der medial mal wieder der Fokus auf das Revier gerichtet wurde – und eben die Städte am Ende diverser Statistiken: Herne, Gelsenkirchen, Oberhausen...
Für Roland Hundertmark, den Vorsitzenden der Wirtschaftsinitiative Gelsenkirchen, ist die Fixierung aufs Negative ein Unding. „Ich höre da gar nicht mehr hin. Ich schaue nach vorne. Wir arbeiten alle gemeinsam daran, dass wir uns in Zukunft nicht abhängen lassen.“ Der Impuls, „nach vorne zu schauen“, er sollte auch von der 13. Gala der Initiative ausgehen. Deren Leitspruch ist schließlich: „Jeder Erfolg zählt“. Es war gleich eine ganze Ansammlung von Erfolgen, die Unternehmer an diesem Abend präsentierten.
Seit fünf Jahren ein Thema: sozialer Arbeitsmarkt
Gut 270 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Verbänden und Verwaltung füllten die Stuhlreihen und später die Stehtische in der Vivawest-Zentrale. Programmatisch passte der Titel des Abends perfekt zur laufenden Diskussion: „Gelsenkirchen – auch in Zukunft!“, das bot Raum für Rückblick, kritische Bestandsaufnahme und Prognosen. Und auch für leichtes Streitpotenzial.
Michael Grütering, Geschäftsführer der Arbeitgeber-Verbände Emscher-Lippe, und Oberbürgermeister Frank Baranowski eröffneten die Talkrunden mit Moderator Lars Tottmann. Als Stadt mit Problemen, aber eben auch der Macher, der vielfältigen Ideen, Initiativen und zahlreichen kleinteiligen Erfolge sieht der OB Gelsenkirchen. Was ihn ärgert, ist mangelnde Unterstützung. „Seit fünf Jahren gehen wir mit dem Thema sozialer Arbeitsmarkt hausieren bei Bund und Land. Seit fünf Jahren sagen wir, es muss was passieren. Es nervt, dass wir jetzt erst das erste kleine Modellprojekt kriegen.“
Beim Thema Jugendarbeitslosigkeit („einfach zu hoch“) sind sich der OB und der Verbandsfunktionär einig, doch Grütering vermisst in der Stadt „mehr Streitkultur“ und sieht ein gravierendes Mentalitätsproblem: „Die Menschen begeben sich erst mal alle in einen Wartesaal und schauen was kommt.“
Der technologische Zufluss ist enorm
Mit der Sicht ist er an dem Abend in der Außenseiterrolle: „Das ist Quark. Wir haben kein Mentalitätsproblem. Wir kämpfen immer noch mit Strukturproblemen“, stellt Markus Hoffmeister, der Geschäftsführer der Cryptovision GmbH, später fest und wagt eine Zukunftsprognose: „Wir werden überhaupt kein Problem haben, im Hightechbereich mitzuhalten“.
Hoffmeister gehört zu den weltweit agierenden Unternehmern, die bei der Gala über ihre Sicht auf Gelsenkirchen und das unternehmerische Umfeld sprechen. Tenor: Die Lage ist weit besser als der Ruf. An keinem der 15 Standorte seines Unternehmens, auch in München oder Hamburg, habe er so ein Umfeld mit 13 Universitäten und Fachhochschulen, stellt Stefan Hegmanns (HGH Ingenieurdienstleistungen) fest. „Der technologische Zufluss ist einmalig. Das habe ich so nirgendwo auf der Welt.“
Mehr Mut und Zuversicht gefordert
Auch André Berger, „überzeugter Gelsenkirchener Unternehmer“ (Edataunited GmbH) mit Sitz im Nordsternpark vertritt und verkauft die Produkte seines Hauses nach außen „mit Stolz. Wir kriegen als Firmengruppe nicht das Feedback, dass Gelsenkirchen so schlecht ist. Die Region selbst hat da eher diese Sicht.“ So sehen es auch andere. Wie Alexander Jobst, der Schalker Marketing-Vorstand, wünschen sie sich für die handelnden Akteure Zuversicht und Mut, „sich ein Herz zu fassen, sich Dinge zu trauen“.
Vier kreative (Jung)-Unternehmer, die das getan haben, sind bei der Gala vertreten: Sascha Müller von der Nightfever Showtechnic mit zukunftsträchtigen technischen Inszenierungen für Marken und Produktionswelten. Oder die kreative Ückendorfer Ideenschmiede „c/o Raum für Kooperation“. Ihre Botschaft für die Zukunft: Nicht jeder muss alles können. Mehrwert kann auch durch Miteinander entstehen.