Gelsenkirchen. Die Fastenzeit hat begonnen und auch Menschen in Gelsenkirchen üben Verzicht. Sie nutzen den Anlass zur Besinnung und zur Annäherung an Gott.

  • Bis Ostern gilt die Fastenzeit, die für Katholiken und Protestanten unterschiedlich wichtig ist
  • „Am Ende ist nicht die Waage das Entscheidende, sondern die Seele“, sagt Stadtdechant Markus Pottbäcker
  • Verzicht in der Passionszeit betrifft nicht mehr nur die Ernährung, auch das TV, Auto oder Internet

Nach den rauschenden Karnevalstagen ist inzwischen das letzte Helau verhallt. Die Fastenzeit hat begonnen, und viele Gelsenkirchener machen mit. So haben sich etwa in einigen evangelischen Gemeinden Fastengruppen gebildet, zudem gibt es die bundesweite Kampagne „Sieben Wochen ohne Sofort“, die dazu anhält, Pause zu machen und mal Durchzuatmen.

„Fasten ist ein Rückzug, bei dem man sich auf das konzentrieren soll, was wirklich wichtig ist im Leben“, sagt Dieter Heisig, Industrie- und Sozialpfarrer des Kirchenkreises. Die biblische Tradition erzähle, dass sich Jesus ebenfalls zum Fasten zurückgezogen habe. „Fasten gehört aber nicht unbedingt zum evangelischen Glauben dazu“, sagt Heisig und ergänzt: „Wer fastet, ist längst kein besserer Christ“.

Auf die Ernährung zu achten, ist zu kurz gegriffen

In der vierzigtägigen Passionszeit nur auf die Ernährung zu achten, ist jedoch zu kurz gegriffen. „Man fokussiert sich neu und wird sich klar darüber: Was ist mir wichtig, was brauche ich und worauf kann ich verzichten.“ Das können Fleisch und Alkohol sein, Süßigkeiten, aber auch weniger Auto zu fahren, weniger Zeit im Internet zu surfen oder „die Fernsehkiste nicht den ganzen Tag laufen zu lassen.“ Ohnehin, findet Pfarrer Heisig, der übrigens nicht fastet, „manche Sendungen richten mehr Schaden an als eine Fleischmahlzeit“.

Der katholische Stadtdechant Markus Pottbäcker weist ebenfalls darauf hin, das die Passionszeit keine Diät ist, auch „keine Wellness-Phase, in der ich mir eine gute Zeit mache“. Für ihn müsse die Fastenzeit zwingend christlich geprägt sein. „Das Ziel ist die Vorbereitung auf Ostern und auf die Begegnung mit Gott. Am Ende ist nicht die Waage das Entscheidende, sondern die Seele.“

Fastenzeit sei auch österliche Buße

Die Fastenzeit sei auch eine österliche Buße, in der sich die Menschen bewusst werden, wer oder was ihr Leben bestimmt und wovon sie erlöst werden wollen. Die Entbehrungen während dieser 40 Tage, ob bei der Ernährung oder bei liebgewonnenen Gewohnheiten, sollen zeigen, was einem im Leben fehlt. „Es geht ja nicht darum, einfach mal Wurst und Wein wegzulassen“, sagt Pottbäcker, „sondern dass man Gott näherkommt und ihn in sein Leben lässt.“

Tod und Vergänglichkeit

Andere Ziele hätten mit dem christlichen Fasten nichts zu tun, eher mit Fitness und Diät, und könnten daher ja immer verfolgt werden.

Dabei sei der Zusammenhang zwischen Karneval, Fastenzeit und Ostern sehr wichtig. „Ich bin ein leidenschaftlicher Karnevalist“, verrät der Katholik. In der fünften Jahreszeit sollen die Menschen „richtig auf den Putz hauen und der Lebenslust größtmöglich nachgehen“.

Schließlich folgen Tage der Entbehrung, Buße und Besinnung, die im Idealfall eine Zeit der geistigen Lebenslust sei. „Ohne Karneval in die Fastenzeit zu gehen, ist daher für mich völlig sinnlos.“ Fastenzeit, resümiert Pottbäcker, sei ein wichtiger Bestandteil des katholischen Glaubens. Und das Aschekreuz, das man am Aschermittwoch bekommt, eine Erinnerung an Tod und Vergänglichkeit.

Übrigens, wer keinen eisernen Willen beweist und beim Fasten schon mal schummelt – und sich gar mittelalterliche Mönche zum Vorbild nimmt, die das ihnen verbotene Fleisch in Teigtaschen versteckten, damit Gott es nicht sehe –, der solle nicht zu hart mit sich ins Gericht gehen, rät Markus Pottbäcker: „Der liebe Gott wird sich deswegen nicht in den Schlaf weinen, er lacht bestimmt darüber.“