Gelsenkirchen. Saleh Tibi kam als Flüchtling aus Syrien nach Gelsenkirchen. Hier fand er Hilfe, einen neuen Freundeskreis und schließlich auch einen neuen Job.
Er kam vor fast zwei Jahren nach Gelsenkirchen. Ende einer langen Flucht aus Syrien. Und ganz sicher: Wenn Saleh Tibi nicht den Job als IT-System-Administrator an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität bekommen hätte, er wäre in der Heimat des FC Schalke 04 geblieben. Nicht wegen einer rasant ausgeprägten königsblauen Leidenschaft. Im Gegenteil. Der 31-Jährige lacht. „Ich bin Fan von Barcelona.“
Bei den Grünen eine politische Heimat gefunden
Aber er mag die Stadt, die Menschen, fühlt sich hier wohl – und hat sogar eine politische Heimat gefunden. Mitglied der Grünen will er werden. Ausdrücklich in Gelsenkirchen und nicht in Düsseldorf.
Und so wundert’s auch nicht, dass wir den Neu-Düsseldorfer Saleh Tibi im Parteibüro der Grünen an der Ebertstraße treffen. In Aleppo ist er geboren und aufgewachsen. „Da gibt es seit 45 Tagen kein Wasser mehr“, berichtet er. Seine Eltern sind dort geblieben. Wie sie ohne Wasser leben? „Sie können Wasser kaufen, aus der Pipeline oder im Kanister.“ Er schaut nachdenklich.
Zusammen mit Terry Reintke im Berliner Reichstag
In Aleppo hat Tibi Computer Engineering studiert. Ein Jahr Master hatte er bereits „in der Tasche“, als er nach Deutschland kam. Das fehlende Jahr wollte er hier dran hängen. Aber: „Wir haben in Syrien ein anderes Notensystem. Bei uns geht es von null bis hundert, hier von eins bis sechs.“ Also Fehlanzeige, „leider“. So hat er erst einmal einen Integrationskurs absolviert, dabei viel über seine neue Heimat gelernt. Und er hat die Sprache geübt. „Mein Deutsch ist besser geworden, weil ich viel Kontakt zu Deutschen habe.“ Zu seinem Freundeskreis gehört die Düsseldorfer Journalistin Anja Kühner, die zu erwähnen Tibi im Zusammenhang mit Sprache ganz wichtig ist. „Wir haben jeden Tag zwei Stunden geskypt.“ Auf deutsch, wohlgemerkt. Er lacht.
Der 31-Jährige schätzt Pünktlichkeit und harte Arbeit
Zurück zum Alltag in Deutschland. Der 31-Jährige schätzt Pünktlichkeit und harte Arbeit. Okay, vielleicht gebe es ein bisschen viel Bürokratie, grinst er. Bei einem Fest hat Saleh Tibi Barış Bayrak von den Grünen kennen gelernt. „Ich habe in Syrien in der Behörde gearbeitet. Da musst du Mitglied in der Baath-Partei sein.“
Bayrak lud ihn zu den Gelsenkirchener Grünen ein, was dem 31-Jährigen unlängst zu einem ganz besonders einprägsamen Erlebnis verhalf: Saleh Tibi saß neben der grünen EU-Abgeordneten Terry Reintke inmitten der NRW-Fraktion der Bündnis-Grünen im Reichstag, während die Bundesversammlung Frank-Walter Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten wählte. Reintke war als Ersatzdelegierte nach Berlin gefahren, Saleh durfte sie begleiten.
Champions League-Bericht in einem arabischen Sender
„Vom System 600 plus 600 hatte ich davor keine Ahnung“, sagt der 31-Jährige sichtlich angetan von der Zusammensetzung der Wahlmänner und -frauen. „Das ist wirklich gute Demokratie.“ Und er war zum ersten Mal in Berlin. Das vergisst er so schnell nicht. Vergessen hat er auch nicht, wie er – „Wann das war, weiß ich aber nicht mehr“ – in seiner syrischen Heimat einen Champions League-Spielbericht in einem arabischen Sender gehört hat. Eine Mannschaft hieß ... Schalke. Saleh Tibi muss wieder lachen. Denn nach Spielende – er weiß gar nicht gegen wen die Königsblauen angetreten sind – hat der Reporter noch etwas über Gelsenkirchen gesagt. War nicht so nett. Deswegen meint Tibi verschmitzt, das soll nicht geschrieben werden.
Er findet Gelsenkirchen ja sehr schön...