Gelsenkirchen. Künstler und Unternehmer treffen sich im Gelsenkirchener Süden in einer ehemaligen Disco, um neue Konzepte zu entwickeln.

Intime Theateratmosphäre umgibt den Raum, der den Charme eines Kleinkunsttheaters ausstrahlt. Varieté-Künstler, Schauspieler, Discjockeys und Boxer haben hier einst Besucher unterhalten. Jetzt treffen sich Künstler, Unternehmer, Kulturbürger zur Auferstehung in die Moderne. Kreative Köpfe stellen im Exodos an der Bochumer Straße ihre Geschäftsmodelle vor, mit dem sie am Markt bestehen wollen.

Rainer Schiffkowski, Referatsleiter Wirtschaftsförderung, sieht die Belebung der alten Vergnügungsstätte als städtischen Beitrag, um dem Quartier zur Blüte zu verhelfen. Mit der Veranstaltungsreihe „Creative Stage“ wollen die Wirtschaftsförderer einen Schatz heben, der einst für Leben in dem heute überwiegend seelenlosen Quartierbereich sorgte.

Acht Minuten für jedes Projekt

Die Szene kennt sich, redet sich warm. Bevor die Kreativen ihr Geschäftsmodell vorstellen, ist an der Theke Zeit genug zum Palavern. Wie bei Stehpartys üblich, bleiben die Sitzplätze erstmal verwaist. Professor Dr. Helmut Hasenkox, Emschertainment-Geschäftsführer, stellt die Akteure vor, die exakt acht Minuten Zeit haben, mit Worten, Texten und Bildern ihr Projekt vorzustellen. So manch kreativer Geist verdoppelt seine sprachliche Geschwindigkeit, denn die Stoppuhr im Rücken läuft unbarmherzig.

Frank Bürgin, der Gelsenkirchen schon häufiger in Szene gesetzt hat, stellt in filmischen Sequenzen die grünen Seiten des Ruhrgebietes vor. Es ist der Film, der Essen als grüne Hauptstadt des Reviers darstellt. Bürgin begann als WAZ-Mitarbeiter, sammelte dann beim ZDF und WDR journalistische Erfahrungen. Er sieht sich als kreativer Handwerker, der viel von Arbeitsteilung hält. „Ich kann keine Kamera führen, auch nicht schneiden.“ Sein Credo: „Wenn man sich auf andere einlässt, wird man größer als man selbst.“

Gelsenkirchener Ideenschmiede

Konzeptionelle Designs und Printprodukte entwickelt die „GT Trendhouse 42 GmbH“ um Günter Thomas. „Unsere Produkte sind ein haptisches Erlebnis“, sagt Mitarbeiterin Julia Groll. „Man muss sie anfassen, realitätsnah aufs Papier bringen.“ Das Cover fürs Guinness-Buch der Weltrekorde stammt ebenso aus der Gelsenkirchener Ideenschmiede wie Werbeplakate und Magazinverpackungen für internationale Marken. Julia Groll gibt die Philosophie des Hauses preis: „In unserer Branche muss man schräg sein und über den eigenen Horizont hinaus blicken.“

In der Bergmannstraße bietet das Team um Simon Schlenke Mietmodelle für Ideenreiche an. An „Schreibtischen auf Zeit“ ist Platz genug fürs Miteinander, können Pläne für kreative Lösungen geschmiedet werden. Der Gelsenkirchener Architekt Lars W. Gieskes legt seine schöpferische Hand an Kindergärten, Seniorenwohnungen wie auch Industriebauten. Seine charakteristischen Achterbahnen, Aufbauten und Gruselstrecken sind auf Jahrmärkten und Kirmessen zu finden. Für Rainer Schiffkowski und die zahlreichen Besucher war es ein Abend der Inspiration und Kontaktpflege.

Jede Menge innovative Ideen

In Gelsenkirchen stellten sich bei „Creative Stage“ zum ersten Mal Unternehmen mit innovativen Ideen vor. Gefragt waren unkonventionelle Projekte aus der Kreativwirtschaft. Die jeweiligen Präsentationen in den Revierstädten erfolgten über Vorträge, Filmbeiträge, Konzerte, Lesungen oder auch Modenschauen. Angesprochen sind Architekten ebenso wie Designer, Künstler, Nachrichtenbüros, Literaten, Musiker oder Softwareentwickler. Professor Dr. Helmut Hasenkox sieht seinen Auftrag klar definiert. Vom neuen Justizzentrum bis zum Exodus reicht das Quartier, das mit Fantasie attraktiv gestaltet werden müsse. In der ehemaligen Heilig-Kreuz-Kirche stellt sich Hasenkox ab 2020 den Start in die innovative Phase für den Stadtteil vor. Der Kulturmacher lebt seit 2010 im Ruhrgebiet. Den ehemaligen Theatersaal, den er noch nicht kannte, will er mit einbeziehen in sein Konzept zur kulturellen Aufrüstung. Eines verspricht er schon: „In fünf Jahren sieht hier alles anders aus.“