Gelsenkirchen. Klaus-Peter Reimer trat 2015 nach Kumpaneivorwürfen bei Bauprojekten zurück. Ein Gutachten entlastet nun den ehemaligen ADAC-Chef von Westfalen.

  • Die Kumpanei-Vorwürfe trafen ihn im Juli 2015 und führten zum Rückzug aus allen ADAC-Ämtern
  • Klaus-Peter Reimer soll sich bei zwei Bauprojekten nicht korrekt verhalten haben
  • Ein Gutachter erkennt lediglich fahrlässig pflichtwidriges Verhalten, materieller Schaden sei nicht entstanden

Klaus-Peter Reimer wird am Sonntag sein Amt als Vorsitzender der Motorsportabteilung des Polizeisportvereins (PSV) aufgeben. Nach 44 Jahren im Verein, seit 1997 als Vorsitzender. Es ist ein geordneter Rückzug. „Ich werde im März 64 Jahre alt.“ Jüngere sollen ran. Konkret: Thomas Meier, sein bisheriger Stellvertreter. Für Reimer endet das Kapitel PSV auf Wunsch und ohne Medien-Getöse. Anders als seine ADAC-Karriere.

Vizepräsident und Schatzmeister des ADAC war Reimer auf Bundesebene, in Westfalen führte er als Präsident den Regionalclub mit 1,2 Millionen Mitgliedern. Im Juli 2015 dann der Rückzug, nachdem – zuerst durch die „Süddeutsche Zeitung“ – der Vorwurf im Raum stand, Reimer hätte Architektenplanungen für millionenschwere Bauaufträge in Hagen und Gelsenkirchen nicht korrekt vergeben, profitiert habe sein alter Freund aus Buer, der Architekt Christian Schramm. Schramm hatte diese Vorwürfe stets zurückgewiesen. Mit dem ADAC realisiert er mittlerweile in Hagen den Neubau von Seniorenwohnungen und einer neuen Geschäftsstelle.

84 Seiten starkes Gutachten der Kanzlei Aderhold

In Gelsenkirchen läutete der Club ebenso die Kehrtwende ein und will mit Schramm das Projekt Fina-Parkhaus an der Sellhorststraße weiterverfolgen.

Und Reimer? Schwieg bislang zu den Kumpaneivorwürfen.

Pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten wurden ihm und ehemaligen Vorstandskollegen vorgeworfen, Schadenersatzansprüche standen – unter anderem nach einer Überprüfung des Falles durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG – im Raum. Nun liegt dem ADAC ein drittes, aus Reimers Sicht endgültiges, 84 Seiten starkes Gutachten der Kanzlei Aderhold vor, das der ADAC Westfalen in Auftrag gegeben hatte.

2014 war der gesamte Automobilclub hoch sensibilisiert

Der 63-Jährige fühlt sich durch die Bewertung von Prof. Lutz Aderhold bestätigt. Lediglich fahrlässig pflichtwidrig habe er gehandelt, dieses Verhalten habe zu keinem materiellen Schaden für den ADAC geführt, die „Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen“ verspreche daher „keine Aussicht auf Erfolg.

Weitere Vorstandsmitglieder werden, anders als in einem im Februar 2016 vorgelegten Bericht des zuvor tätigen Compliance Ausschusses vollkommen entlastet. Und auch der Vorwurf, Reimer habe einen geliehenen Oldtimer nicht rechtens für eine Veranstaltung genutzt, ist demnach vom Tisch.

Das sogenannten Fina-Parkhauses an der Ecke Ringstraße/Sellhorststraße in Gelsenkirchen soll abgerissen werden. An der Stelle, so die ursprünglichen Pläne,  sollen ein neues Parkhaus, Wohnungen und Platz für Gewerbe entstehen. Als Investor hat der ADAC das Projekt vorangetrieben. Die Vorplanung lief im Architekturbüro Schramm.
Das sogenannten Fina-Parkhauses an der Ecke Ringstraße/Sellhorststraße in Gelsenkirchen soll abgerissen werden. An der Stelle, so die ursprünglichen Pläne, sollen ein neues Parkhaus, Wohnungen und Platz für Gewerbe entstehen. Als Investor hat der ADAC das Projekt vorangetrieben. Die Vorplanung lief im Architekturbüro Schramm. © Martin Möller

Nach dem Betrug beim ADAC beim Autopreis „Gelber Engel“ war der gesamte Automobilclub 2014 hoch sensibilisiert, stellte sich in der Folge neu auf. Installiert wurde auch ein anonymes Hinweisgeber-System. In das Raster fiel Reimer. Er glaubt, dass die Beschuldigungen vom damaligen Rechnungsprüfer für Westfalen kamen.

Reimer wurde mangelnde Sorgfalt vorgeworfen

Als ehemaliger Steueramtsrat und Betriebsprüfer sei er durchaus in der Lage gewesen, „Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu machen. Das war mein Beruf. Aber das Ergebnis stand wohl schon vorab fest: Wir waren die Buhmänner. Und ich sollte geschlachtet werden“, verteidigt sich Reimer. Mangelnde Sorgfalt war ihm vorgeworfen worden, ebenfalls zu geringe Rendite-Aussichten bei den Projekten.

Schramm wurde derweil unterstellt, er habe zu viel für seine Leitungen kassiert. Der Architekt hat sich längst gutachterlich bestätigen lassen, dass sein Architektenhonorar im üblichen Rahmen lag. Vor der Schlichtungsstelle der Architektenkammer schlossen der ADAC und Schramm in Bezug auf das Altstadt-Projekt einen Zwischenvergleich, der dem Architekturbüro eine weitere sechsstellige à-Kontozahlung für die bis dahin geleistete Arbeit zuerkannte.

Reimer wollte seinen Ruf „nicht weiter schädigen“ und trat ab. Schwer genervt, wie er heute betont. Beim ADAC ist das Kapitel immer noch nicht aufgearbeitet. Reimer rechnet im März mit einer abschließenden Bewertung der Vereins-Gremien.

>> Die wichtigsten Fakten im Überblick:

Die Ausgangslage: Vom Vorstand des ADAC Westfalen wurden 2014 auf Anregung von Klaus-Peter Reimer und Finanzvorstand Bernd Dietrich die Bauprojekte in Hagen und Gelsenkirchen beschlossen. Die Vorgespräche liefen 2013. In beiden Fällen war das Büro Schramm-Fronemann-Partner in die Vorarbeit eingebunden.

Das lokale Projekt: An der Sellhorststraße wollte der ADAC als Investor für öffentlich geförderte Altenwohnungen, ein Parkhaus und Gewerbeflächen auftreten. Ankermieter sollte die Deutsche Bank werden. Nach zwischenzeitlicher Verfahrens-Pause versuchte der ADAC Ende 2016 den Neustart mit den alten Beteiligten.

Der Funktionär: Als ADAC-Präsident von Westfalen trat Reimer in der Stadt selten öffentlich in Erscheinung – wenn überhaupt, dann als passionierter Orientierungs- oder Oldtimer-Rallye-Fahrer für den lokalen ADAC und die Motorsportabteilung des Polizeisportvereins. Gerne zusammen mit Oldtimer-Fan Schramm.