Gelsenkirchen. Stadt registriert 208 Fälle von Krätze in 2016, ein Jahr zuvor waren es 123. Die Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung sehen anders aus.

  • Die Zahl der Krätzefälle hat von 2014 bis 2016 in Gelsenkirchen deutlich zugenommen
  • Verwaltung registriert 208 Fälle im Vorjahr, 2015 betrug die Anzahl 123, in 2014 waren es 74
  • Der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe meldeten Ärzte 1198 solcher Erkrankungen

In Bochum, Essen und Duisburg ist die Zahl der Krätze-Fälle stark angestiegen. Vor allem Kindertagesstätten und Schulen sind betroffen. Zur Lage in Gelsenkirchen hat die WAZ den Leiter des Gesundheitsamtes, Klaus Mika, befragt, sowie Jens Flintrop, er ist der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL).

Wie viele Fälle gibt es hier?

Die Verwaltung hat im Vorjahr 208 von Krätze befallene Personen registriert (Stand: 31. Januar 2017). 2015 betrug die Anzahl 123, in 2014 waren es 74 Menschen mit Krätze. Die Stadt erfasst dabei auch wiederbefallene Patienten. Im Gegensatz dazu sind bei der KVWL 1198 Krätzemeldungen im dritten Quartal 2016 eingegangen (siehe Grafik). Der Großteil suchte Hilfe bei Hautärzten (858), der Rest bei Haus- und Kinderärzten (320/134). Wichtig bei den KV-Zahlen: Ein Patient kann mehrere Ärzte aufgesucht haben.

Was ist Krätze eigentlich?

Die Krätze, medizinisch Scabies, ist eine ansteckende, teils meldepflichtige Hauterkrankung (Kitas Schulen, Heime), die von Milben verursacht wird. Nach einem Befall treten die ersten Symptome unglücklicherweise erst nach zwei bis fünf Wochen auf. Die Parasiten und deren Abfallprodukte lösen in der Haut eine allergische Reaktion aus, die mit Ausschlägen, mit Bläschen und Krusten und starkem Juckreiz verbunden ist. Die Milben bevorzugen Hautbereiche mit hoher Temperatur und dünner oberer Hornschicht. Häufig werden sie in den Falten zwischen Fingern und Zehen, in der Achsel, in den Leisten und der Analfalte angetroffen.

Wie wird sie behandelt?

Wichtigstes Ziel der Behandlung ist es, die Parasiten abzutöten. Dafür stehen verschiedene Medikamente bereit, die zumeist direkt auf die Haut aufgetragen werden, es gibt seit 2016 aber auch Tabletten. Mit einer konsequenten Therapie lassen sich die Milben innerhalb weniger Tage abtöten. Die Symptome, vor allem der Juckreiz, können allerdings noch einige Wochen bestehen bleiben.

Wie wird Krätze übertragen?

Die Übertragung der Krätze erfolgt von Mensch zu Mensch, es gibt also keinen Zwischenwirt, wie das bei anderen Parasitosen der Fall ist. Grundsätzlich muss längerer, großflächiger Haut-zu-Haut-Kontakt bestehen, bevor die Milben von einem Wirt auf den nächsten überspringen können. Kurze Berührungen wie etwa Händeschütteln, Begrüßungsküsse und Umarmungen sind ohne Risiko. Typische Übertragungswege sind: gemeinsames Schlafen in einem Bett, die Körperreinigung, das Liebkosen und Kuscheln, das gemeinsame Spielen und der Geschlechtsverkehr.

Wer ist gefährdet?

Ansteckungsgefährdet sind im Regelfall Mitglieder einer Familie oder Wohngemeinschaft wie zum Beispiel Paare, eng vertraute Geschwister, Eltern mit Kleinkindern sowie pflegebedürftige Personen und deren Betreuer und Pfleger.

Was passiert mit Erkrankten?

Menschen, die von einem Befall mit Krätzemilben betroffen sind, dürfen Gemeinschaftseinrichtungen wie Kitas, Schulen und Altenheime nicht als Betreute besuchen oder dort eine Tätigkeit ausüben.

Auch Hitze und Kälte töten die Milben ab

Bei der hier üblichen Raumtemperatur und Feuchte sind nach Angaben des Gesundheitsamtes Krätzemilben mit großer Wahrscheinlichkeit ohne Wirtskontakt nicht länger als 48 Stunden infektiös. Tiefere Temperaturen begünstigen längere Überlebenszeiten.

Eine Krätzemilbe unter dem Miskroskop.
Eine Krätzemilbe unter dem Miskroskop. © Kalumet

Neben der medikamentösen Behandlung müssen auch daheim Maßnahmen ergriffen werden, um den Milben den Garaus zu machen: Kleidung, Bettwäsche, Handtücher und Gegenstände mit längerem Körperkontakt sollten bei mindestens 50°C für wenigstens zehn Minuten gewaschen oder mit Hilfe eines Heißdampfgerätes dekontaminiert werden. Ist dies nicht möglich, können Gegenstände und Textilien in Plastiksäcke eingepackt oder in Folie eingeschweißt werden und für 72 Stunden bei mindestens 21°C gelagert werden. Bei der Tötung durch Gefrieren muss für zwei Stunden eine Temperatur von -25°C erreicht werden. Die handelsüblichen Gefriergeräte kühlen aber oft nur auf -18°C.

Weitere Tipps: Betten frisch beziehen, Polstermöbel, Sofakissen sowie textile Fußbodenbeläge mit einem starken Staubsauger absaugen oder für mindestens 48 Stunden nicht benutzen, danach Filter und Beutel entsorgen.