Gelsenkirchen. Vor zehn Jahren, am 1. Februar 2007, eröffnete die Jüdische Gemeinde in Gelsenkirchen ihr neues Gotteshaus an der Georgstraße mit vielen Gästen.

Mit dem Friedensgruß „Shalom“ wurde am 1. Februar 2007 die Neue Jüdische Synagoge an der Georgstraße 2 eröffnet – rund 400 Ehrengäste aus allen Bereichen der Gesellschaft erwiderten den Gruß.

Der damalige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gehörte zu den ersten Gratulanten, die der jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen zu ihrer neuen Heimat Glückwünsche überbrachten, Ilan Mor kam als Gesandter Israels nach Gelsenkirchen, Charlotte Knobloch und Hanna Sperling vom Präsidium des Zentralrates der Juden in Deutschland ebenfalls. Und sie alle staunten über das Haus, das da in Gelsenkirchen entstanden war.

Jüdisches Leben ist in Gelsenkirchen gegenwärtig

Stolz ragte der lichtdurchflutete, helle Bau mit der Fassade aus italienischem Muschelkalk da in die Höhe, die beiden Architekten Benedikta Mishler und Reinhard Christfreund hatten eine elegante Formensprache für den Bau gefunden – mit riesigen Fenstern, die von Außen den Blick in den Gemeindesaal freigeben.

So sollte niemandem verborgen bleiben, dass das jüdische Leben in dieser Stadt gegenwärtig ist – nicht länger wurde es auf dem Hinterhof im Betsaal an der Von-der-Recke-Straße versteckt.

Am 22. August 2005 hatten die Arbeiten für den Neubau begonnen, Paul Spiegel hatte kurz zuvor die Grundsteinverlegung übernommen. Der damalige NRW-Bauminister Oliver Wittke hatte im Mai 2006 dann das Richtfest eröffnet: Die neue Synagoge nahm so langsam Formen an. „Ich hatte ja zuvor lange die Baupläne studiert. Aber als ich dann zum allerersten Mal im fertigen Bau stand, bin ich doch etwas zusammengezuckt. Das kam mir einfach riesig vor, so groß hatte ich mir diese Synagoge gar nicht vorgestellt. Und anfangs hatte ich auch ein wenig Sorge, ob wir es schaffen würden, diesen Prachtbau zu beleben“, erinnert sich Judith Neuwald-Tasbach, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen.

„Inzwischen habe ich diese Sorge nicht mehr, denn in den vergangenen Jahren hat sich das Haus mehr und mehr mit Leben gefüllt. Jetzt haben wir manchmal sogar zu wenige Räume, denn es kommen so viele Kinder und Gemeindegruppen her, um sich zu treffen“, sagt Neuwald-Tasbach heute – und bezeichnet das als großes Glück.

Das Ewige Licht wurde neu entzündet

Das jüdische Leben zog am 1. Februar 2007 mit einer Prozession von dem alten Betsaal bis zur Georgstraße in die Synagoge ein: Gemeindemitglieder trugen gemeinsam mit dem Düsseldorfer Rabbiner Julien-Chaim Sousson die Thora-Rollen und das Ewige Licht durch die Innenstadt. Festglockengeläut der evangelischen Altstadtkirche und der Propsteikirche St. Augustinus begleiteten den Weg. Und auch zahlreiche Gelsenkirchener schlossen sich dem Umzug an.

Charlotte Knobloch, damals Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, zeigte sich von dieser Geste besonders gerührt, wie sie in ihrer Rede verriet: „Ich bin sehr bewegt, dass wir Juden uns in Deutschland wieder offen zeigen und in einer Prozession durch die Stadt ziehen können“, sagt sie. Das habe sie sich nach 1945 lange nicht vorstellen können.

Betsaal der Neuen Synagoge ist ein heiliger Ort

Mit dem Einzug der Thora-Rollen in den Betsaal der Neuen Synagoge wurde dieser zum heiligen Ort – seither darf er von Männern nur noch mit Kippa, der typischen jüdischen Kopfbedeckung, betreten werden. Und wie konservativ die hiesige jüdische Gemeinde bis heute ist, das zeigt die strenge Sitzordnung: Die letzten beiden Sitzreihen im Saal sind leicht erhöht, hier sitzen die Frauen der Gemeinde, strikt getrennt von den Männern.

Im Flur davor erinnern historische Stücke an das Leben vor der Neuen Synagoge: Das alte Fenster aus dem Betsaal an der Von-der-Recke-Straße wurde hier her verlegt – und zwei riesige Leuchter erinnern an das jüdische Kaufhaus Alsberg, das sie einst zierten.