Gelsenkirchen. . Die Bundeswehr wirbt im Februar auf Wunsch von Jugendlichen in Zusammenarbeit mit Gymnasien für eine Laufbahn beim Militär. Daran gibt’s Kritik.

  • Linkspartei will Kampagne „Kein Werben fürs Sterben“ wiederbeleben, weil Soldaten nach Buer kommen
  • Schulleiter entsprechen mit Einladung an die Bundeswehr den Wünschen ihrer Schüler
  • Schulministerium macht Auflagen für solche Schulbesuche, sie sind aber grundsätzlich zulässig

Die Bundeswehr will im Februar Schüler mehreren Bueraner Gymnasien über Karrierechancen beim Militär informieren. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei hervor. In Gelsenkirchen möchte die Linke nun mit verbündeten Organisationen ihre Kampagne „Kein Werben für Sterben“ wiederbeleben.

Der Stadtjugendring, in dem sich rund 30 Jugendverbände organisiert haben, hatte bereits im vergangenen Jahr mit einer Resolution gefordert, dass Soldaten nicht an Schulen für die Bundeswehr werben.

Auch Vertreter anderer Berufe eingeladen

„Von der Kritik haben wir noch nichts mitbekommen“, sagt Friedrich Schenk, Schulleiter des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums. Seine Schule organisiert in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Gymnasium eine Veranstaltung zur Berufs- und Studienwahl. „Im Bereich der Berufsorientierung halte ich es für selbstverständlich, dass wir die Bundeswehr auch einladen.“

Zumal es Schülerwunsch sei, über Karrieren beim Militär informiert zu werden. Allerdings werden ebenfalls Vertreter anderer Berufe eingeladen, darunter Lehrer, Finanzbeamte oder Psychotherapeuten. „Soldat zu sein, ist nichts Kriminelles oder Ehrenrühriges“, sagt Schenk, „und wir stehen zu unserer Entscheidung, die Bundeswehr eingeladen zu haben.“ Über welche Jobs die Schüler mehr erfahren wollen, entscheiden sie im Vorfeld, indem sie sich in Listen eintragen. „Falls es kein Interesse gibt, würden wir der Bundeswehr auch absagen.“ Eine Zusage, dass überhaupt ein Soldat kommt, gebe es derzeit allerdings noch nicht.

Zusage für ein dreitägiges Seminar

Dagegen zusagt hat die Bundeswehr für ein Seminar des Leibniz-Gymnasiums. Zehntklässler fahren alljährlich für drei Tage nach Oer-Erkenschwick, um sich über ihre Zukunftspläne klar zu werden. Dort erhalten sie neben Berwerbungstraining auch Informationen über viele ausgewählte Berufsbilder. Erstmals sind auch Soldaten dabei, auf Schülerwunsch. „Ich hätte es als ganz starke Bevormundung empfunden, wenn ich den Schülern gesagt hätte, dass die Bundeswehr für das Seminar nicht in Frage kommt“, sagt Schulleiter Konrad Fulst.

Auf Einladung von Schulen informieren Soldaten über Karrierechancen beim Militär. Bald besuchen sie auch Schüler aus Gelsenkirchen.
Auf Einladung von Schulen informieren Soldaten über Karrierechancen beim Militär. Bald besuchen sie auch Schüler aus Gelsenkirchen. © Ralf Rottmann

Die Gefahr, dass den Schülern ein allzu rosiges Bild vom Militär gemalt wird, sieht er nicht. „Wir stellen die Chancen und Risiken verschiedener Berufe dar“, so sei auch der Polizeiberuf „mit einiger persönlicher Gefahr verbunden“, über die sich die Schüler klar sein müssten. Zudem werde im Unterricht durchaus „das Gesicht des Krieges“ dargestellt, so dass die Gymnasiasten ausgewogen informiert seien, was ein Job beim Militär bedeute. Ohnehin beschäftige sich jeder Schüler mit zwei bis vier Berufen pro Seminartag und wer sich über die Soldatenlaufbahn informiere, würde vermittelt bekommen, dass Soldat eben kein Beruf wie jeder andere ist, „das wäre eine arge Verharmlosung“.

Beide Schulleiter betonen allerdings, dass Soldaten nicht in den normalen Unterricht kommen, um für ihren Arbeitgeber zu werben.

Für viele ist die Bundeswehr ein beliebter Arbeitgeber

Unter Schülern wird das Thema ohnehin deutlich weniger kritisch gesehen als bei dem Gelsenkirchener Kreisverband der Linken oder etwa beim Stadtjugendring. „Ich finde es gut, dass die Bundeswehr sich an den Berufsorientierungsveranstaltungen beteiligt“, sagt Seçil Çinar, die Vorsitzende der Gelsenkirchener Stadtschülerschaft. „Viele Schüler können sich durchaus vorstellen, zur Bundeswehr zu gehen“, sagt die 19-jährige, die bald ihr Abitur an der Gesamtschule Ückendorf macht. Zwar sei das Militär für viele nur die zweite Wahl, wenn sie etwa ihre Wunschausbildung nicht bekommen, aber dennoch ein beliebter Arbeitgeber. Wichtig ist der jungen Frau jedoch, dass bei Informationstagen wie die der Bueraner Schulen auch die Nachteile der Bundeswehr beleuchtet werden. Doch dies sei durch den schulischen Rahmen meist gegeben.

Kooperationsvereinbarung mit dem Land

Die Bezirksregierung in Münster befürwortet als Schulaufsichtsbehörde für Gelsenkirchen, dass die Bundeswehr über Karrierechancen aufklärt. „Die Bundeswehr wirbt ja damit, dass sie für Frieden in Europa und außerhalb von Europa sorgt“, sagt ein Sprecher. Solange diese Veranstaltungen ausgewogen seien, die Bundeswehr als ein Arbeitgeber neben vielen dargestellt werde und solch ein Besuch zum Schulprogramm passe, habe man keine Einwände. „Die Bundeswehr ist einer von vielen Arbeitgebern in Deutschland.“

Planspiele für den Politikunterricht

Jedoch verweist die Bezirksregierung auf das Schulministerium, da Schulbesuche von Soldaten landesweit einheitlich geregelt sind. Es gibt eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Landesregierung und der Bundeswehr. Diese betrifft jedoch nur die Arbeit der Jugendoffiziere. Sie kommen etwa in den Politikunterricht und leiten Planspiele zur Sicherheitspolitik. Meist seien zusätzlich Friedensorganisationen eingeladen, so ein Ministeriumssprecher. „Dabei darf nicht für die Bundeswehr geworben werden.“

Davon zu unterscheiden seien schulische Berufsmessen: „Dort ist es zulässig, dass sich die Bundeswehr als Arbeitgeber präsentiert und für sich wirbt.“ Ob Soldaten eingeladen werden, so der Behördensprecher, das müssten die Schulen vor Ort selbst entscheiden.