Gelsenkirchen. . Im Januar 2007 wütete der Sturm in Gelsenkirchen. Schulen und Zoo waren geschlossen, und die Bahn stand still. Dauereinsatz für Rettungskräfte.
- Die Feuerwehr hatte vor zehn Jahren an dem Wochenende rund 60 sturmbedingte Einsätze
- Schulkinder bekamen nach der vierten Stunde sturmfrei, Zugreisende nächtigten in Turnhalle
- Das Stromnetz und auch die Wälder kamen bei dem Wintersturm eher glimpflich davon
Als er über Westeuropa hinwegfegte, galt der Orkan Kyrill als der schwerste Sturm in Deutschland des noch jungen Jahrhunderts. Auch Gelsenkirchen blieb nicht von seiner Wucht verschont, er veränderte sogar das Leben in der Stadt. Am Donnerstag, 18. Januar 2007, gab es für Schüler nach der vierten Stunde sturmfrei und die Innenstädte in Gelsenkirchen und Buer waren am Nachmittag wie leergefegt. Zuvor war auf den Wochenmärkten nur sehr wenig los, von sonst rund 40 Händlern trauten sich nur gut ein Dutzend auf den Hauptmarkt in Buer.
Bereits morgens lockten die Mitarbeiter des Zoos die meisten Tiere in ihre Behausungen, die Zoom Erlebniswelt blieb an dem Tag geschlossen.
Ordensbruder zersägt Baum auf der Hans-Böckler-Allee
Schließlich fegte Kyrill mit gut 120 Stundenkilometern durch die Stadt, stürzte Bäume um und deckte Dächer ab, bis Sonntagabend sollte die Feuerwehr alleine 60 sturmbedingte Einsätze haben und musste sogar zweimal mit schwerem Gerät anrücken, um zu verhindern, dass Bäume auf ein Wohnhaus oder eine Trafo-Station stürzte. Einen Baum, der die Hans-Böckler-Alle versperrte, zersägte ein Ordensbruder der Amigonianer kurzerhand selbst mit der Kettensäge.
Besonders hart traf der Orkan allerdings den Nah- und Fernverkehr. Gegen 17 Uhr begann bei der Deutschen Bahn der Stillstand. Zwar fuhren bis abends noch Busse und Bahnen der Bogestra, aber diese steuerten ab 20 Uhr aus Sicherheitsgründen das Depot a. Lediglich die Tunnelstrecken wurden noch bedient.
„Wir hatten einen gestrandeten ICE, der auf dem Weg nach Berlin über Gelsenkirchen umgeleitet werden sollte“, sagte damals Bahnhofsleiter Karlheinz Gand. Etwa 150 Reisende wurden aus dem Zug evakuiert und in die Grundschulturnhalle an der Hohenfriedberger Straße gebracht, wo eine Notunterkunft eingerichtet wurde. „Einige haben sogar aus der Not eine Tugend gemacht und eine richtige Party gefeiert.“
Glimpflich davongekommen ist die Stromversorgung der Stadt, weil die meisten Leitungen im Mittel- und Niederspannungsnetz liegen unterirdisch. Andere Ruhrgebietsstädte hatten damals nicht so viel Glück. In Gelsenkirchen gab es nur vereinzelte Stromausfälle, beispielsweise in Rotthausen, Ückendorf und Bulmke-Hüllen. Ruhr Oel in Scholven musste allerdings wegen eines Stromausfalls im Kraftwerk Gas abfackeln. Es waren Anlagen ausgefallen.
Beim Jugendtrainer Schulte bestand Lebensgefahr
Dass der Sturm durchaus gefährlich, sogar lebensgefährlich war, zeigt etwa der Fall des prominentesten Orkanopfers. Der damalige Fußballbundesliga-Jugendtrainer von Schalke 04, Helmut Schulte, war im Auto unterwegs, als eine 30 Meter hohe Buche auf seinen fahrenden Wagen krachte. Bei dem Unfall brach er sich, neben anderen Verletzungen, den zweiten Halswirbel und musste ins künstliche Koma versetzt werden. Ein Leben im Rollstuhl blieb ihm aber erspart.
Beim Wintersturm halten sich die Schäden in Grenzen
Kyrill hat die Gelsenkirchener Wälder nicht stark beschädigt. „Es ist tatsächlich relativ wenig passiert“, sagt Revierförster Oliver Balke, der für das Industriewaldprojekt zuständig ist. In seinem Revier habe es „kein gewaltiges Schadholzaufkommen gegeben“. Sein Kollege Matthias Klar vom RVR-Forststützpunkt Emscherbruch zog für die Sturmschäden in Gelsenkirchens Wäldern bereits im Jahr 2008 das gleiche Resümee: Zwar habe Kyrill einige Bäume umgehauen, „aber es waren fast nur Einzelwürfe“, also einzelne Bäume, die in Gärten, auf Dächer, auf öffentliche Straßen und Wege gefallen sind.
„Kyrill war ein Wintersturm“, sagt jetzt Oliver Balke. Im Ruhrgebiet dominierten Laubwälder und im Winter „leisten die nicht so viel Widerstand wie im vollbelaubten Zustand.“ Dagegen wütete das Gewitter Ela im Sommer 2014 extrem. „Ela war für die Wälder zehnmal schlimmer als Kyrill.“