Gelsenkirchen. Der Neubau der Synagoge hat der jüdischen Gemeinde ab 2007 einen enormen Schub gebracht. Das zehnjährige Bestehen wird Anfang Februar gefeiert.
- Am 1. Februar 2007 wurde die Neue Synagoge an der Georgstraße in Gelsenkirchen eingeweiht
- Am Eröffnungstag besuchten über 15 000 Menschen das neue Gotteshaus
- Anfang Februar wird der Eröffnungstag mit einem Festakt und einem Tag der offenen Tür gefeiert
Es gab eine Zeit, da war das jüdische Leben in der Gelsenkirchener Altstadt nahezu unsichtbar: Die Gemeinde bestand nur aus einer Hand voll Mitgliedern und traf sich in einem Hinterhaus an der Von-der-Recke-Straße zum Gebet.
Seit zehn Jahren ist das jetzt anders: Am 1. Februar 2007 wurde an der Georgstraße 2 die Neue Synagoge Gelsenkirchen eröffnet – mit einem lichtdurchflutetem Innenhof, einem großen Gemeindesaal, einem Gebetsraum und Unterrichtsräumen in der oberen Etage.
Im Verlauf des Tages kamen fast 15 000 Gäste
Wie sehr Gelsenkirchen sich diesen neuen Ort gewünscht hatte, zeigte der erste „Tag der offenen Tür“ zur feierlichen Eröffnung am 4. Februar 2007: Die Gemeinde hatte knapp über 500 Gäste erwartet, doch im Verlauf des Tages kamen fast 15 000. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass sich schon am Morgen lange Schlangen vor der Tür gebildet hatten, tausende Menschen wollten unser neues Gotteshaus sehen“, blickt Judith Neuwald-Tasbach, die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde von Gelsenkirchen, zurück.
Die von langer Hand geplanten Führungen konnten vor lauter Gedränge kaum stattfinden. Und auch die gemütliche Begegnung wurde schwierig. „Ich hatte vorab 600 Kuchenstücke bestellt und musste noch mit der Gemeinde diskutieren, ob das nicht ein bisschen viel ist – was, wenn zu viel über bleiben würde? Doch der Kuchen war schon nach einer halben Stunde komplett gegessen. Als wenig später Bundestagspräsident Norbert Lammert vorbei kam, war auch schon keine Milch für den Kaffee mehr da“, erinnert sich Neuwald-Tasbach lachend. Damals fand sie das nicht so lustig.
50 000 Menschen haben an Führungen teilgenommen
„Aber dieser ungeheure Zuspruch, das Interesse, das hat mich und die ganze Gemeinde sehr gefreut. Und dieses Interesse ist bis heute da. In diesen ersten zehn Jahren haben an die 50 000 Menschen an Führungen durch diese Synagoge teilgenommen“, betont die Gemeindevorsitzende. „Die jüdische Gemeinde ist heute mitten in unserer Gesellschaft angekommen, vor allem, weil sie sich geöffnet hat für Besucher. Weil sie gleichzeitig Kulturzentrum und Gemeindehaus ist“, sagt Elmar Alshut, der Vorsitzende des Fördervereins „Neue Synagoge Gelsenkirchen e.V.“, der sich einst für den Neubau stark machte und Geld sammelte.
Der Förderverein engagiert sich bis heute weiter
Doch auch nach der Eröffnung, als das Vorhaben am Ziel war, engagierte sich der Förderverein weiter. Bis heute. Und auch beim ersten „Tag der Offenen Tür“ am 4. Februar 2007 waren die Mitglieder vertreten. „Das war ein wirklich gelungenes Fest“, resümiert Alshut.
Der Bau der Neuen Synagoge habe eine lange klaffende Wunde geschlossen, nicht nur die brach liegende Fläche mitten in der Stadt, die der Vernichtungsbrand der alten Synagoge in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 hinterlassen habe. „Für uns in der jüdischen Gemeinde war dieser Neubeginn ein Zeichen, dass wir wieder mitten in der Gesellschaft angekommen sind“, erklärt Judith Neuwald-Tasbach. Inzwischen hat ihre Gemeinde mit Chaim Kornblum auch einen eigenen Rabbiner.
Zahl der Gemeindemitglieder stieg auf 430
Durch den Zuzug von Juden aus den ehemaligen Sowjetunion war die Zahl der Gemeindemitglieder 2007 auf 430 gestiegen. „Inzwischen sind es rund 360 Mitglieder, die Zahl sinkt leider stetig“, sagt die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, die auch für Gladbeck und Bottrop zuständig ist. Dann kann sie aber auch noch etwas Erfreuliches berichten: „An diesem Sonntag feiern wir in unserer Synagoge die allererste Hochzeit. Mit allem Drum und Dran.“ Das jüdische Leben in dieser Stadt, es ist wieder aufgeblüht. Und die als Zeichen für den Neuanfang gepflanzte Zypresse im Synagogen-Garten ist inzwischen zum starken Baum gewachsen.
Mit einem großen Fest soll der zehnjährige „Geburtstag“ der Neuen Synagoge in Gelsenkirchen gefeiert werden – und zwar mit einem Festakt für geladene Gäste am damaligen Eröffnungstag, 1. Februar, der in diesem Jahr auf einen Mittwoch fällt.
Festakt und ein Tag der offenen Tür
Unter anderem wird dabei der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, eine Festrede halten. Am darauf folgenden Sonntag, 5. Februar, ist die Öffentlichkeit dann wieder zu einem „Tag der offenen Tür“ an der Georgstraße 2 eingeladen: Von 14 bis 18 Uhr öffnen sich die schweren Türen der Synagoge – und Besucher können sich zur lockeren Begegnung in einem Café im Gemeindesaal treffen, können an Führungen durch das Gotteshaus teilnehmen und viel Wissenswertes über das Judentum erfahren.
Eine Bilderschau zeigt auch Fotos aus dem Jahr 2007
„Es wird unter anderem auch einen Vortrag zum Thema ‘was ist koscher?’ geben“, erzählt Judith Neuwald-Tasbach. Die Kinder- und Jugendgruppen der jüdischen Gemeinde sorgen mit Tanz- und Gesangsauftritten für ein buntes Kulturprogramm. „Und natürlich zeigen wir in einer Bilderschau auch Fotos aus dem Jahr 2007, um an die tolle Eröffnung vor zehn Jahren zu erinnern“, merkt Judith Neuwald-Tasbach an. Der Eintritt ist an diesem Tag frei, auch für das leibliche Wohl soll gesorgt sein. „Diesmal backen wir Waffeln“, verrät Judith Neuwald-Tasbach lachend. „Damit uns nicht wieder der Kuchen ausgeht. . .“