Gelsenkirchen. Stadtarchivarin Claire Maunoury hat in zwei Jahren die ISG-Bestände bis 1928 gesichtet . 1100 Buchseiten legen jetzt die Quellenlage offen.
Das Werk hat 1100 Seiten. Zwei Jahre akribische Arbeit hat Stadtarchivarin Claire Maunoury investiert. Da scheint die Auflage von drei Buchexemplaren eher gering. Doch hier geht es nicht um Auflage, sondern um Information und ein wichtiges Werkzeug für historisch Interessierte.
Maunoury hat im Gelsenkirchener Institut für Stadtgeschichte (ISG) die ältesten vorhanden Aktenbestände gesichtet und erfasst – allesamt Archivalien der späteren Stadt Gelsenkirchen bis zum Jahr 1928. Eingeflossen sind sie nun in ein sogenanntes Findbuch, das besseren Zugriff auf stadtgeschichtliche Materialien bietet. Die lagern – bei rund 15 Grad und gut 40 Prozent Luftfeuchtigkeit – in monströsen Schieberegalen und ungezählten Spezialkartons in drei Archivkellern im Wissenschaftspark. Sozusagen das Inhaltsverzeichnis steckt nun zwischen grünen Buchdeckeln. Aufgeführt sind in inhaltlich prägnanter Kurzform mit entsprechender Kennzeichnung und Schlagworten Basisfakten (und etliche Bilder) zu 3250 Akten.
Rost ist tödlich fürs Papier
Bei Null hat die Archivarin nicht angefangen. Natürlich, sagt sie, gab es eine vor 1941 erstellte Bestandskartei, die aber „lückenhaft und teilweise fehlerhaft war. Deshalb musste ich die Akten nochmal sichten“. Das heißt: Nicht nur angucken: auch lesen, einordnen, beschreiben, eventuell von Metallklammern befreien (Rost droht, der ist auf Dauer tödlich fürs Papier) und gleich auch für eine gesicherte Zukunft in säurefreie Mappen und ebensolche Kartons packen.
Absage eines Stuhl-Konzerts im Stadtgarten
Durch handschriftlich verfasste Personenstandsurkunden und frühe Bevölkerungsstatistiken, durch Verträge und politische Beschlüsse hat sich Maunoury gelesen, einst Lapidares entdeckt (wie die Absage eines Stuhl-Konzerts im Stadtgarten oder die Speisekarte zur Einweihung des Hans-Sachs-Hauses), das heute dennoch das Format für ein Zeitdokument hat, aber auch manchen Schatz gehoben, der bislang vergessen zwischen Aktendeckeln schlummerte.
Friedrich II. unterzeichnete 1775 eine Urkunde
„Die Überraschung war eine von Preußenkönig Friedrich II. persönlich unterzeichnete Urkunde vom 28. Juli 1775.“ Friedrich der Große wurde damals aktiv, um einer Grundstücksaufteilung von preußischem Staatsbesitz zwischen mehreren Bauern in Bulmke seinen Segen zu erteilen.
In den Archivalien finden sich Unterlagen zur Verleihung der Stadtrechte, zur Expansion von Industrieunternehmen und zur Siedlungsgeschichte. Bis zu 300 Rechercheanfragen erreichen das ISG im Jahr, dazu noch um die 1200 im Bereich der Familienforschung. Ihnen allen eröffnet das Findbuch nun die Quellen – bald auch im Netz auf der Institutsseite.