gelsenkirchen. . Bitterkalt ist es geworden. Insbesondere für die Menschen, die kein warmes Heim haben. Wie die Anlaufstellen für Obdachlose die Kältetage erleben.
- Der Temperatursturz lässt viele Menschen bibbern, insbesondere Obdachlose dürften jetzt leiden
- Trotz der Eiseskälte melden die Gelsenkirchener Anlaufstellen keine ungewöhnlich hohe Belastung
- Hilfsinitiativen und -einrichtungen können den Bedürftigen dank großzügiger Spenden schnell helfen
Bitterkalt ist es geworden, glücklich der, der es sich jetzt in seinen eigenen beheizten vier Wänden gemütlich machen kann. Wohlige Wärme genießen können nicht alle, denn auch in Gelsenkirchen leben Obdachlose.
In Gelsenkirchen muss aber niemand draußen übernachten. Es gibt hier ein umfangreiches Hilfeangebot für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen. Die Freien Wohlfahrtsverbände, die kirchlichen Verbände und die Stadt bieten flächendeckend und niederschwellig eine ganze Reihe von Hilfen an. „In der Nacht von Donnerstag auf Freitag sind 22 Menschen in den Notunterkünften der Stadt betreut worden“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann. Die Zahl sei seit dem Jahreswechsel unverändert. „Kurz vor Weihnachten ist die Zahl der regelmäßig betreuten Personen um vier Männer und zwei Frauen angestiegen.“ Klingt nicht danach, dass als ob die Anlaufstellen durch den Temperatursturz vermehrt aufgesucht würden.
Kein Ansturm auf Hilfeeinrichtungen
Jennifer Ruhnau arbeitet als Sozialarbeiterin in einer solchen Einrichtung, im Wilhelm-Sternemann-Haus an der Husemannstraße. „Am Freitag sind 26 Menschen zu uns gekommen“, sagt Ruhnau. Durchschnitt. Meist erhöhe sich die Zahl erst gegen Ende des Monats auf etwa 40 Personen. „Aber nicht alle Gäste sind obdachlos“, sagt die Betreuerin. „Manche haben zwar eine Wohnung, aber keinen Strom und kein Warmwasser.“ Ihr sind ein halbes Dutzend Menschen bekannt, die regelmäßig im Freien nächtigen, viele von den anderen kämen bei Freunden oder Verwandten oder eben in den Notschlafstellen unter. „Bedarf haben wir immer“, sagt Sozialarbeiterin Jennifer Ruhnau weiter, „aber vor Weihnachten haben uns viele Bürger Geld- und Sachspenden gegeben. Es herrscht bei uns derzeit keine Not, Bedürftige zu versorgen.“
Bürger waren sehr spendabel
Ähnlich äußert sich auch Petra Bec von der Initiative „Warm durch die Nacht“, eine sehr engagierte Bürgerinitiative. Abends zwischen halb sieben und halb zehn ziehen die Ehrenamtler durch die Stadt, versorgen Obdachlose mit Kleidung oder am Hauptbahnhof mit warmen Essen und Getränken.
„Wir betreuen etwa zehn Menschen regelmäßig“, sagt Bec. Einige Schlafplätze der Obdachlosen sind der Initiative bekannt, viele bleiben geheim. Bec betont, dass jede gespendetes Paar Socken oder jede Suppenterrine von größter Wichtigkeit sei, dass sie und ihre Mitstreiter aktuell über die Maßen frequentiert würden, das kann Bec aber nicht bestätigen. „Wir haben am Donnerstag ein paar Isomatten, Suppen und dicke Skijacken verteilt“, sagt Bec. Dank vieler Spender sind das kleine Ladenlokal der Initiative an der Weberstraße, zwei Garagen und das Lager am Hauptbahnhof gut gefüllt. Für Petra Bec „ein echtes Glück und ein sehr schönes Gefühl“, denn der Winter ist noch längst nicht vorbei.
Isolierkannen mit warmem Tee verteilen
1400 Mitglieder umfasst mittlerweile die Facebook-Gruppe der Initiative Warm durch die Nacht, das digitale Netzwerk macht es möglich, schnell auf Engpässe zu reagieren. „Wir organisieren gerade Isolierkannen“, sagt Petra Bec. Die Warmhaltebehälter, gefüllt mit heißem Tee, wollen die Helfer Freitagabend und am Wochenende wieder an den Mann oder die Frau bringen.
98 Menschen von Wohnungslosenhilfe betreut
Nach der letzten offiziellen Wohnungsnotfallberichterstattung für Gelsenkirchen sind insgesamt 98 Personen von der Zentralen Fachstelle für Wohnungsnotfälle (ZFW) im Referat Soziales und von Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe in freier Trägerschaft als obdach-/ wohnungslos betreut worden.
>> Info
Anlaufstellen im Stadtsüden: Tafel (Brockhoffstr. 18), Wilhelm-Sternemann-Haus (Husemannstr. 52), Arzt Mobil GE (Caubstr. 28), Diakoniewerk (Munckelstr. 32), Caritas (Husemannstr. 23), Migranten-Zentrum (Paulstr. 4).
Seit 1991 sind bundesweit 290 Kältetote zu verzeichnen.