Gelsenkirchen. . Gelsenkirchen kämpft gegen die Geschäftemacherei von Immobilienbesitzern und Sozialmissbrauch – eine Zwischenbilanz zum Jahresende.
- Die Stadt Gelsenkirchen zieht eine positive Zwischenbilanz im Kampf gegen Sozialmissbrauch
- Zwölf Schrottimmobilien wurden geschlossen, über 200 Scheinjobs durch das Jobcenter enttarnt
- Die Hälfte der zugewanderte Rumänen und Bulgaren zieht innerhalb eines Jahres wieder weg
Schrotthäuser, Scheinarbeit und Sozialmissbrauch – Probleme, die nicht ausschließlich, aber auch mit der Zuwanderung zusammenhängen. Leiten und integrieren ist daher die Strategie der Verwaltung, die mit Integrationsangeboten und Kontrollen den Ankömmlingen sowohl Hilfen bietet als auch gegen unlautere Machenschaften vorgeht. Uwe Gerwin, Stabsstellenleiter EU-Zuwanderung Ost, und Martin Leying, Teamleiter des Kommunalen Ordnungsdienstes ziehen eine Bilanz, die Hoffnung macht, die zugleich aber auch zeigt: Es ist eine Herkulesaufgabe.
3789 Neuanmeldungen in 2016
Aus dem üppigen Zahlenwerk von Uwe Gerwin und Martin Leying geht hervor, dass aktuell „4153 rumänische und 2098 bulgarische Staatsangehörige in Gelsenkirchen gemeldet sind“. Weitgehend konstante Zahlen im Vergleich zum Vorjahr. Wobei: Die Hälfte zieht innerhalb eines Jahres wieder weg. 3789 Neuanmeldungen von Rumänen oder Bulgaren hat es 2016 gegeben, davon hat die Stadt 3239 im neuen Zuhause (729 Gebäude) besucht. 243 Menschen waren vor Ort nicht als wohnhaft gemeldet. An 354 Adressen haben Prüfer Auffälligkeiten entdeckt, das Spektrum reichte dabei von „fehlenden Klingelschildern oder Briefkästen über kaputte Scheiben bis zu nicht angemeldeten schulpflichtigen Kindern“, sagt Gerwin.
Zwölf große Objektprüfungen durchgeführt
Neben 95 solch kleinerer Gebäudeprüfungen hat es 2016 zwölf große gegeben. Bei denen haben Polizei, Ordnungsamt, Bauaufsicht, Jugendamt, Jobcenter, Meldeamt und weitere Akteure nach dem Rechten geschaut. Zwölf Häuser wurden wegen gravierender Mängel für unbewohnbar erklärt. Seit 2015 sind es damit 21 Schrottimmobilien, die bislang dicht gemacht wurden. Dabei gab es noch: 4736 Aufenthaltsermittlungen, 500 Gefährderansprachen, 297 Abschleppmaßnahmen, 558 Verwarngelder.
„Die größten Hotspots sind dicht“, sagen Martin Leying und Uwe Gerwin erleichtert und erinnern an Häuser an der Cheruskerstraße, Lothringer Straße und Bulmker Straße. Folge: Die Immobilienprofiteure, die sich mit den Mieten eine goldene Nase verdienen „ziehen sich mehr und mehr aus Gelsenkirchen zurück“.
Jobcenter enttarnt über 200 Scheinjobs
Erfolge vermeldet auch das Jobcenter, wie IAG-Chef Dirk Sußmann erklärt: „Die zwei größten Scheinarbeitgeber mit zusammen über 200 Jobverhältnissen sind weg vom Markt.“ 115 Verdachtsfällen gehen die Prüfer nach, 40 Mal erbrachten sie den Nachweis des Sozialbetrugs. 86 Strafanzeigen laufen, zwölf gegen Arbeitgeber. Per Minijob wurde versucht, sich eine Aufstockung durch das Jobcenter zu erschleichen. Auch da haben die Prüfer dazu gelernt, heute ist neben dem Firmenbesuch der „Vergleich des Schriftbildes im Antrag mit dem in anderen Formularen“ als Indiz für systematischen Betrug eher die Regel als die Ausnahme. Zu perfekt waren teils die Anträge, obwohl manche Rumänen kaum Deutsch sprechen und weder lesen noch schreiben können. Ähnliches gilt für das Kindergeld – die Vergabe von Steuernummern, der Nachweis, dass die eigenen Kinder tatsächlich existieren und ein engerer Datenabgleich haben „den Sozialbetrug erschwert“.
Das Geld aber wieder zu bekommen, ist praktisch unmöglich.
Ein Kreislauf, der von Neuem beginnt
„43 Prozent der Zuwanderer sind unter 18 Jahre“, sagt Uwe Gerwin. Bereitwillig nähmen sie die Integrationsangebote an – von der mobilen Kita bis zu Sprach- oder Berufshilfen. Eine Chance also im Hinblick auf fehlende Fachkräfte. Ähnlich drückt sich Martin Leying aus. Er spricht von „2000 Vorzeigezuwanderern“, die ehrbaren Berufen nachgehen und bei denen Heim und Hof tadellos seien. Auf der anderen Seite tritt aber ein altes Problem erneut zutage. Stadtsprecher Martin Schulmann formuliert es so: „Die Menschen kommen nicht gebildeter zu uns.“ Heißt: Die Arbeit beginnt von vorn.