Gelsenkirchen. . Seit 1904 besteht der traditionelle Familienbetrieb in Rotthausen. Außer Pumpernickel stellt der Bäckermeister alles selbst her.
Kurz vor dem Haus Nummer 42 in der Achternbergstraße an der Stadtgrenze zu Essen steigt dem Vorbeilaufenden ein wohlriechender Duft in die Nase. Es riecht nach frischen Backwaren. Im Fenster hängen verschiedenfarbige Faltsterne aus Transparenzpapier. Wenige Treppenstufen führen in das Innere des Backbetriebs „König“, der seit 1904 besteht.
Beide Weltkriege hat der Traditionsbetrieb bereits überstanden, auch Bergleute wurden hier mit Nahrungsmitteln versorgt und Hausfrauen brachten ihren vorbereiteten Kuchen zum Backen vorbei. Mittlerweile wird der Familienbetrieb von der dritten Generation geführt. Irgendwie hat man als Besucher das Gefühl, als sei die Zeit stehen geblieben. Erinnerungen an Omas Wohnzimmer werden hier wach. Alte Fotos und Gemälde an den Wänden, dunkle Holzmöbel, Spitzendeckchen, verschiedene Lampenschirme und Erinnerungsstücke von früher schmücken den Verkaufsraum sowie zwei weitere Räume, die zum Kaffeetrinken und Verweilen einladen. „Außer Pumpernickel stellen wir alles selbst her“, erklärt Bäckermeister Heiner König, der das Handwerk von seinen Eltern erlernte, sich vor Ort ausbilden ließ und seit 1966 die Leitung des Ladens übernommen hat.
Wie auch in den Bäckerei-Ketten gehören Brote und Brötchen zum Angebot, das in dem Lädchen in Rotthausen verkauft wird, nur eben aus eigener Herstellung. An sieben Tagen in der Woche backt man hier in der urigen Backstube, in der noch immer Maschinen von damals zum Einsatz kommen.
Appetit bekommt man beim Blick auf die Ladentheke, die nicht mehr viel Platz freigibt: Plastiktütchen mit Vanillekipferln, Printen, Zimtsternen und handgefertigtem Teegebäck. „Die Plätzchen bieten wir das ganze Jahr an. Jetzt in der Weihnachtszeit haben wir das Angebot erweitert“, erklärt der 65-Jährige. Er selbst sei jede Nacht mit der Zubereitung beschäftigt. Glücklicherweise ist der Weg zum Bett dann nicht weit. Eine Etage höher befindet sich sein Schlafgemach.
Eine eigene Marmeladenmanufaktur
Auch eine eigene Marmeladenmanufaktur gehört zum Betrieb. Marmeladengläschen – alle gut sortiert – bedecken die Tabletts im Eingangsbereich. Kleine Schildchen verraten die Sorte des jeweiligen Fruchtaufstrichs. Zwischen „Quitte-Apfel“, „Schwarze Johannisbeere“, „Apfel-Rotwein“, „Punsch-Orange“ und weiteren Frucht-Kompositionen hat der Kunde die Wahl. „Viele der verarbeiteten Früchte sind aus Schrebergärten in der Umgebung, die Äpfel sogar aus dem eigenen Garten. Das hat alles Bio-Qualität“, so der Bäckermeister. Die Rezepte seien über die Jahre durchs Ausprobieren, aber auch durch Tipps von Kunden entstanden. „Ein Renner ist ‘Bärbels Pflaumenmus’. Das brennt beim Backen nicht an wie es sonst bei Pflaumenmus üblich ist“, schwärmt König.
Trotz der alten Tradition gibt es laut dem Bäcker auch Veränderungen. „Die Leute kaufen nicht mehr auf Vorrat. Das Führen eines Haushalts ist bei jungen Menschen verloren gegangen. Das merke ich auch in der Bäckerei.“
Spaß an der Arbeit
Doch ans Aufhören denkt er nicht. „Die Frage danach bekomme ich oft gestellt, mag sie aber nicht. Ich habe Spaß an meiner Arbeit.“ Er fährt fort: „Dadurch, dass ich anders denke, ist hier auch alles anders als woanders.“