Gelsenkirchen. Im 20. Gastspieljahr wagt der Gelsenkirchener Weihnachtscircus eine Premiere. Hochklassige Manegennummern werden von Tanz und Gesang umrahmt.

Lichtspektakel wäre eine kühle Untertreibung. Tausende Birnchen strahlen an Dutzenden Bäumen im weiten Rund. Der Vorzelt-Himmel: Ein Sternen-Meer mit 160 000 Lämpchen. Rot-gülden sind die Imbiss-Stände herausgeputzt, den festlich dekorierten Eingangstunnel ins Chapiteau säumen geschmückte Tannen. „Das wirkt einladend“, findet Circus-Chefin Brigitte Probst. „Ich denke, dekomäßig kann man nicht mehr machen. Es muss ein bisschen edel aussehen. Und vor allem weihnachtlich.“ Ziel erreicht.

Eine kleine, rote 20 prangt über dem Eingang ins Hauptzelt. Seit 1997 gastiert der Weihnachtscircus in Gelsenkirchen. Das verpflichtet heuer – zu mehr. Nicht nur bei der Beleuchtung, bei der Lichttechnik, bei neuer Logenbestuhlung. Auch beim Programm haben die Probsts für das Gastspiel 2016/2017draufgesattelt.

Erstmals wieder Elefanten in der Manege

Spektakuläre, teils mit internationalen Preisen geadelte Artisten wurden verpflichtet. Nach sechs Jahren Pause gibt es erstmals wieder Elefanten in der Manege zu erleben. Ein Highlight, glauben die Probsts als klare Befürworter eines Zirkus mit Tieren. Dass der Vorverkauf für das Gastspiel bereits hervorragend läuft, führen sie nicht zuletzt auf solch tierische Zugnummern zurück.

Arbeit unterm Sternenhimmel: Sergiu Mosanu, Artist und Mann von Stephanie Probst, dekoriert im Vorzelt.
Arbeit unterm Sternenhimmel: Sergiu Mosanu, Artist und Mann von Stephanie Probst, dekoriert im Vorzelt. © Martin Möller

Orchester, Clownerie und Hohe Schule sind die verlässlichen Probst-Klassiker. Eingebettet wird das alles erstmals in einen neuen Rahmen, an dessen Vollendung Anett Simmen hochtourig arbeitet. Erfahrung als Regisseurin im Theater oder bei Varieté-Produktionen bringt die 42-Jährige mit, für den Weihnachtscircus wurde sie von den Probsts für Regie und Choreographie verpflichtet.

„Es bleibt natürlich im Kern ein klassisches Nummern-Programm“, sagt die Regisseurin. Aber diesmal soll die Manege einen besonderen Zauber entfalten: „Je erwachsener wir werden, desto mehr verlieren wir unsere Träume, die Fantasie, das Staunen. Wir wollen wieder ein wenig das innere Kind in den Menschen wecken. Das zieht sich wie ein roter Faden durch“, sagt Simmen. Mit Doppel-Morderation, Gesang, erstmals auch Ballett und Tanz-Einlagen formt sie ihre Circus-Show und verspricht: „Wer Filme wie ,Die fabelhafte Welt der Amélie’ liebt, wird hier auf seine Kosten kommen.“

Wechselhaftes Tournee-Jahr

Noch ist vieles, was in einer Woche bei der Premiere Programm sein soll, eher Trockenübung im Wechselspiel mit Andy Probst, dem Experten für Technik und Licht, und dem sechsköpfigen Circus-Orchester. „Der Ablauf steht im Prinzip schon fest“, sagt Simmen. Videos und Bilder der Artistennummern liefern ihr die Grundlage für die Choreographie, dem Orchester liegen schon alle Musik-Titel vor.

Zum Wochenende reisen die meisten Artisten an. Dann wird es ernst, dann geht es ans Timing für Abläufe und Umbauten, an die Show-Vollendung. 27 Darsteller, plus Band, plus Tiere, plus Akquisiteure, dazu das ganze Drumherum – all das muss koordiniert werden. Nicht nur durch die Regisseurin. „Das ist schon eine Meisterleistung der Familie Probst“, findet die 42-Jährige. Für sie selbst ist „nach der Premiere als Regisseurin eigentlich die Arbeit getan. Ich bleibe dann noch ein, zwei Tage für die Feinabstimmung.“

Planung für 21. Gastspiel beginnt bald

Der Weihnachtscircus ist für die Familie Probst das Ende der Saison und das Vorspiel für die Winterpause nach einem wechselhaften Tournee-Jahr. Die erste Hälfte war geschäftlich mau, doch Spielstationen in Ostdeutschland brachten dann die Wende. Ein Familienableger zählte zu den beiden Privatzirkussen der DDR und hielt sich auch im wiedervereinten Deutschland. Doch dann ging das Ost-Unternehmen 2015 pleite. Der Name hat jedoch nach wie vor einen guten Klang jenseits der Elbe – was jetzt auch Circus-Direktor Reinhard Probst erfreut feststellte.

Nach dem Weihnachtscircus beginnt für ihn die Planung für das 21. Gelsenkirchen-Gastspiel. „Wir fangen jetzt im Prinzip schon wieder an zu gucken, wen wir neu verpflichten und haben den Anspruch, das bisherige Programm zu toppen. Wenn man seit 20 Jahren immer wieder neue Nummern sucht, weiß man, wie schwierig das ist.“

678 verschiedene Artisten

20 Jahre Weihnachtscircus – da kann man schon mal Bilanz ziehen. Familie Probst kommt dabei auf imposante Zahlen. Ihre Rechnung: 20 Premieren, 678 verschiedene Artisten und Künstler, knapp 700Tiere und rund 500 000 Gäste in 732 Shows.

Für Gelsenkirchen ist der Circus Probst längst eine Marke geworden. Doch auch im Revier hat man sich längst einen Namen erarbeitet. Im 40-Kilometer-Umkreis, so Circus-Chefin Brigitte Probst, wirbt das Unternehmen für das Gastspiel. Doch letztlich entscheidend, findet sie, sei in Zeiten wachsender Unterhaltungs-Konkurrenz (und dabei spielen allein in Deutschland mittlerweile auch rund Weihnachtszirkusse eine erhebliche Rolle) vor allem die „Mund-zu-Mund-Propaganda“ eines zufriedenen Publikums.

Tochter Sonja stürzte am Trapez ab

Mit einem Zelt für 800 Personen fing 1997 alles an, damals noch auf dem Wildenbruchplatz. Ein Großteil des Programms wurde damals noch durch die Familie allein bestritten.

Das heutige Chapiteau, immerhin das dritte seit der Premiere vor 20 Jahren, fasst 1300 Besucher und steht inmitten einer festlich beleuchtete Zeltstadt im Revierpark Nienhausen. Das Umfeld wurde professioneller, das Programm internationaler. 2001 feierte die Branche die Verpflichtung der „Flying Selivanovs“ mit ihrer Trapeznummer als Sensation. Stars 2007 waren die neun Catanas mit ihrerSchleuderbrett-Akrobatik. 2008 kam es zu einem Familientreffen: Neben der Familie von Reinhard Probst trat die Verwandtschaft vom Ost-Zirkus Probst auf. Besonderer Blickfang: Die Ponyschule von Mercedes Probst mit 20 Tieren.

Für das kleine Show-Ballett hat der Circus Probst in Düsseldorf Kostüme anfertigen lassen. Anett Simmen kann auf einen farbenprächtigen Fundus zurückgreifen.
Für das kleine Show-Ballett hat der Circus Probst in Düsseldorf Kostüme anfertigen lassen. Anett Simmen kann auf einen farbenprächtigen Fundus zurückgreifen. © Martin Möller

2009 holten die Probst erstmals kubanische Artisten in eine deutsche Zirkusmanege. Unter dem Motto „International“ wirkten 43 Akteure mit.

Für die Probsts gehören Tiere zum klassischen Zirkus: 1998 holten sie die große Elefantenherde des ehemaligen Staatscircus der DDR, tegelmäßig auch Raubtiernummern, Bisons brachten sie 2012 in die Manege, immer wieder auch edle Araber, Emus, Zebras und Kamele, Tauben, Haustiere oder auch freche Papageien.

1999 traf die Familie ein Schicksalsschlag: Tochter Sonja, 15 Jahre alt, stürzte bei einer Vorstellung in Meerbusch aus zwölf Metern Höhe am Trapez ab und verletzte sich schwer. Bis 2006 kämpfte sie sich in die Manege zurück – als Clownesse Lolli im Weihnachtscircus.

Gastspieldaten und Kartenpreise

Der Circus Probst gastiert vom 21. Dezember bis 8. Januar im Revierpark Nienhausen. Vorstellungen täglich 15 und 19.30 Uhr, am 24. Dezember nur 14 Uhr, am 8. Januar nur um 15 Uhr. Eintritt: Kinder (3-12 Jahre): 14 bis 30 Euro; Erwachsene: 18 bis 35 Euro, ermäßigt 12 bis 28 Euro. Karten an der Circuskasse und unter T. 0209 177 99 90. Info: www.gelsenkirchener-weihnachtscircus.de