Gelsenkirchen. Im Januar tritt das PSG II in Kraft. Welche Veränderungen das mit sich bringt, darüber informierte Fachanwalt Markus Karpinski.
„Die Politik hat umgesetzt, was schon lange angemahnt wurde: Weg von der Minuten-Pflege, hin zur individuellen Bedarfspflege.“ So beschreibt Rechtsanwalt Markus Karpinski, was sich mit Inkrafttreten des Pflegestärkungsgesetzes II (PSG II) ab 1. Januar für Pflegende und Pflegeeinrichtungen grundsätzlich verändert. Fünf Pflegegrade treten dann an die Stelle der bisherigen Pflegestufen-Praxis.
Und, ganz wichtig: Eingeschränkte Alltagskompetenz, etwa durch Demenz, wird bei der Beurteilung des Pflegegrades berücksichtigt. Karpinski, Fachanwalt für Sozial- und Medizinrecht, erklärt: „Wer heute die Pflegestufe 1 und eine eingeschränkte Alltagskompetenz hat, wird ab Januar in Pflegegrad 3 eingestuft.“
„Es verschlechtert sich grundsätzlich nichts“
Und: „Es verschlechtert sich grundsätzlich nichts. Durch die Umstellung gibt es einheitliche Preise.“ Heißt: Pflegegrade 2 bis 5 kosten dasselbe, Altfälle haben Bestandsschutz. Aber: Wer erst im kommenden Jahr in ein Altenpflegeheim zieht, zahlt mehr. Der Eigenanteil, so Karpinski, werde um 200 bis 300 Euro steigen. Der Jurist hält auf Einladung der St. Augustinus GmbH am Montagabend im Alten- und Pflegeheim St. Josef einen detaillierten Vortrag über Eigenleistungen und Elternunterhalt bei der Unterbringung im Pflegeheim. Im St. Vincenz-Haus hat er Angehörige und Interessierte Tage zuvor unterrichtet. Gegenüber der WAZ sprechen der Fachanwalt und Jörg Rademacher, St. Josef-Einrichtungsleiter, vor Beginn über Grundsätzliches.
Feilschen um höhere Pflegestufe hat ein Ende
Etwa darüber, dass mit dem PSG II die „Frontstellung zwischen Heimträger und Heimbewohner beziehungsweise Angehörigen wegfällt“. Wenn Einrichtungen in der Vergangenheit beispielsweise wegen wachsenden Pflegebedarfs eines Bewohners mit dem Betroffenen oder Angehörigen eine höhere Pflegestufe empfahlen, war das nicht immer ganz einfach. Weil höhere Pflegestufe auch höheren Eigenanteil bedeutete. Was in manchen Fällen zur echten Feilscherei geriet, ob das denn wirklich nötig sei ...? Das ist ab Januar Geschichte. Gleichwohl, so Rademacher, müssten jetzt die Mitarbeiter für die richtige Eingruppierung in Pflegegrade geschult werden. Die Berechnung nach Minuten sei einfacher zu vermitteln gewesen.
„Niemand steht am 1. Januar 2017 schlechter da“
Anhand von Fallbeispielen klärt Markus Karpinski später im vollen Saal der Einrichtung an der St.-Barbara-Straße, wie sich die Finanzierung eines Heimpflegeplatzes berechnet, dass Kinder mit einkommen und Vermögen grundsätzlich unterhaltspflichtig sind. Er beziffert den Selbstbehalt, sagt, wie mit Schulden umzugehen ist, klärt auf, was Schonvermögen – etwa die Wohnimmobilie in angemessener Größe – ist. Und sagt aber auch: „Geschenkt ist geschenkt gilt nicht beim Sozialamt.“ Soll heißen: Wenn Eltern oder ein Elternteil Kindern den Sparstrumpf mit einer größeren Summe vor dem Einzug in ein Heim schenken, ist das noch lange nicht geschützt.
Seine Botschaft, „Niemand steht am 1. Januar 2017 schlechter da als am 31. Dezember 2016“, kontert ein Mann aus der Zuhörerschaft: „Aber am 1. Januar steigen trotzdem die Preise.“