Die Autoren Reimund Neufeld und Gabriele Giering schreiben in der Justizvollzugsanstalt mit weiblichen Hälftingen einen Roman - und suchen noch Förderer
Alexander König ist ermordet worden. Im PC des renommierten Psychoanalytikers findet seine Frau rätselhafte Dateien. Wurden ihm dunkle Machenschaften zum Verhängnis? Oder musste er sein "besonderes" Verhältnis zu weib-lichen Häftlingen mit dem Leben bezahlen?
Ein ganz normaler Krimi-Plot - aber nur auf den ersten Blick. Denn: Diesen vor der Vollendung stehenden Roman haben die Erler Autoren Reimund Neufeld und Gabriele Giering mit inhaftierten Frauen der Justizvollzugsanstalt an der Aldenhofstraße erarbeitet.
Mit einer Lesung startete im Mai 2005 das ambitionierte private Projekt. "Eine große Herausforderung", sagt Neufeld. Nicht nur wegen der hohen bürokratischen Hürden.
Den aufwändigen Schreib- und Koordinierungsprozess bewältigt der Betreuer in der Behinderteneinrichtung St. Rafael (Horst) in seiner Freizeit. Der Literatur ist der 49-Jährige aber schon lange verbunden - u.a. als Verfasser von Kurzgeschichten. Auch Gabriel Giering (58) hat einen sozial-literarischen Hintergrund: als ehemalige Sozialarbeiterin in der Jugendgerichtshilfe und als (Hobby-)Autorin.
Mit der Idee eines Knastprojekts ging Neufeld schon lange schwanger. Anfang 2005 lernte er Gabriele Giering durch einen WAZ-Bericht über deren Künstlertreff kennen. Die literarischen Vorlieben konnten unterschiedlicher nicht sein: Sie schreibt vor allem über Sozialkritisches und Themen wie Gewalt gegen Frauen, er lotet erotische und philosophische Tiefen aus: "Die Ansätze kollidieren auch mal, aber wir raufen uns zusammen." Was aber erst die halbe Miete war - galt und gilt es doch, Häftlinge, die zum Teil kein literarisches Vorleben haben, zu integrieren. Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, dass trotz zahlreicher Autoren unterm Strich ein Krimi und kein Chaos steht: Eine Rahmenhandlung um den Psychoanalytiker und ein zweiter im Knast spielender Strang schaffen (relativ) klare Zuordnungen. Für Authentizität sorgen "echte" Tagebucheinträge von Häftlingen, die in die fiktive (Gefängnis-)Handlung eingebettet werden.
Eine hohe Fluktuation in der JVA erschwere die Arbeit, erzählt Neufeld. Rund zehn Frauen haben sich bisher eingebracht, der harte Kern besteht aus drei Häftlingen.
Regelmäßig suchen Neufeld & Giering ihre Co-Autorinnen in der JVA Gelsenkirchen und mittlerweile auch in Dinslaken auf (siehe Bericht unten), diskutieren mit ihnen den Plot und schleppen nach jedem Besuch Dutzende handgeschriebener Seiten mit heraus, die es zu lektorieren gilt.
Ein "dickes, fettes Paket" sei bisher zusammengetragen worden, sagt Gabriele Giering. Und genau darin liegt das Problem: Verlage hätten zwar schon Interesse gezeigt, aber für eine abschließende Bearbeitung des Materials fehle die Zeit. Gesucht werden deshalb Sponsoren, mit deren Hilfe die Geschichte des bösen Psychoanalytikers Alexander König vollendet werden kann.
Kontakt: Gabriele Giering, Tel: 78 02 76