15-jährige Hauptschülerin aus Ückendorf zieht morgen Abend hoch zu Ross mit vielen Kindern und Erwachsenen um den Teich im Park am Wissenschaftspark. Mantelteilung findet nicht statt

0013328961-0050103975.JPG
© WAZ

Eines Tages möchte Janina Bosk Pferdewirtin sein. Doch bis dahin ziehen noch ein paar Jahre ins Land. Zwei Jahre Schule noch, dann drei Jahre Lehre. "Erst mal muss ich überhaupt eine Lehrstelle finden", sagt die junge Reiterin. Und das scheint gar nicht so einfach zu sein in einer Stadt wie Gelsenkirchen, die eben keine Reiterhochburg ist. Also konzentriert sie sich einstweilen auf eine höhere Aufgabe: auf die des St. Martin beim Martinszug ihrer ehemaligen Kirchengemeinde Heilig Kreuz in Ückendorf.

Als Heiliger Mann im wallenden roten Mantel durch Ückendorf zu reiten, ist für die junge Dame nicht neu. "Ich bin aber immer wieder ein bisschen aufgeregt", gesteht sie frank und frei. Und "ein wenig stolz" ist sie auch, wie sie sagt. Es sei schon ein schönes Gefühl, alle Jahre wieder.

Im zarten Alter von zehn Jahren "spielte" das Fräulein Bosk zum ersten Male den Heiligen Martin von Heilig-Kreuz. Jetzt ist sie 15, und pflegt den Brauch immer noch. Mittlerweile hat es Tradition, dass sie beim Martinsumzug durch den Wissenschaftspark vorne weg reitet. Die Sternsinger leihen ihr stets einen Mantel aus, das weiße Unterteil ist aus den Beständen der Messdiener, Schwert und Helm sind Requisiten aus dem Gemeindefundus.

Jeans und Stiefel hat St. Martin alias Janina Bosk im eigenen Kleider- beziehungsweise Schuhschrank im Elternhaus an der Ostpreußenstraße. Nur das Pferd kommt von außerhalb, aus dem Stall eines mit den Bosks befreundeten Reitervereins in Bochum. Eine Hannoveraner-Stute mit dem klangvollen Namen Isabella. "Sie ist 28 Jahre alt und hat kein Problem mit Blaskapelle und Kindergesang", beschreibt Janina die Eigenschaften. Auch nicht mit den bunten Laternen und brennenden Fackeln. Janina sagt es ehrlich: "Isabella kriegt Zückerchen oder Möhren, damit sie schön ruhig bleibt." Und: Mit Streicheleinheiten spart die Reiterin auch nicht.

"St. Martin(a)" Janina zieht morgen am frühen Abend wieder hoch zu Ross von der Kirche an der Bochumer Straße aus um den Teich im Wissenschaftspark und zurück zur Kirche - mit schätzungsweise 100 Kindern im Gefolge. Mit dabei sind Eltern, Großeltern und andere Anverwandte. Der legendere Bettler, gehüllt in Lumpen und barfuß steht allerdings nicht am Straßenrand. Martin von Tours sah ihn einst in tiefer und bitterkalter Nacht im Schein seiner Laterne und gab ihm eine Mantelhälfte. Der Heilige Martin in Ückendorf muss seinen Mantel morgen nicht teilen...