Die 22. Auflage des Traditionsfestivals brachte vor allem junge Bands in die Stadt. Musikalische Gäste reisten sogar aus den USA an. Das Publikum feierte drei Tage lang vor den elf Bühnen ein Musikfest.
„Hömma, wat is denn heute los in Gelsenkirchen?”, fragen sich zwei Passanten am Samstag völlig perplex in der Fußgängerzone. Musikfetzen klingen ans Ohr, die immer lauter werden. Eine Jazzband biegt um die Ecke, marschiert swingend die Bahnhofstraße rauf und runter, bleibt hier und da stehen, trotzt den Regenschauern, die hartnäckig immer mal wieder vom Himmel kommen. Kinder staunen, die Großen tanzen, sogar der Postbote pfeift mit. Es sind wieder Jazztage in der City.
Zum 22. Mal hat Veranstalter Rolf Wagemann sein Traditionsfestival auf die Beine gestemmt. Zum 22. Mal erwacht die Innenstadt, wo sonst gern zu später Stunde die Bürgersteige hochgeklappt werden, zu abendlichem Leben: Aus allen Ecken jazzt und fetzt es. Momentaufnahmen.
Freitagabend. Auf dem Neumarkt rocken die „Twins” das Haus (pardon, den Platz). Die Zwillinge Benny (Schlagzeug) und Bastian Korn (Klavier) aus Essen gehören trotz ihrer jungen Jahre mittlerweile zur Jazzfestival-Stammbesetzung und bringen mit ihrer Mischung aus Boogie und Blues, Pop und Rock, von den Beatles bis zu eigenen Titeln, sogar die Bedienung im Bierwagen zum Tanzen. Getanzt wird auch vor der U-Bahn-Station Heinrich-König-Platz, wo „Push Up” mit knackigen Bläsersätzen den Zuhörern einheizen.
An derselben Stelle wagt Rolf Wagemann tags darauf ein Experiment: Die junge Gelsenkirchener Combo „The Herbs”, vom Landesmusikrat jüngst zur besten Band NRWs gewählt, verjüngt das Line Up der Jazztage gewaltig und erweitert die musikalische Stilpalette. „Die Jazzfans müssen wir leider enttäuschen, aber vielleicht haben wir heute ja auch ein paar Rocker hier”, leitet Frontmann Giuliano Felis das Set ein, das griffige Songs in ausgereiften, detailfreudigen Arrangements mit drei Akustikgitarren plus Klavier, Bass und Schlagzeug bietet. Eine Frischzellenkur, die dem Jazzfestival auf die Dauer sicher nicht schadet. „Das werde ich beibehalten”, verspricht Wagemann.
Aber natürlich sind es auch die „Altstars”, die die Jazztage jedes Jahr zu einem Familientreffen werden lassen. Wenn etwa Trompeter Rod Mason mit seinen „Hot Five” auf der Ebertstraße die Puppen tanzen lässt, gibt es kein Durchkommen mehr, stehen die Fans dichtgedrängt, um dem britischen Virtuosen mit der Louis Armstrong-Stimme zu lauschen. Steve Yocum, Stable Roof Jazzband, Lamarotte Brassband, die jungen Musiker der Oriental Jazzband, Boogie Connection Freiburg und und und - die Namen der mitwirkenden Solisten und Bands sind nicht nur treuen Besuchern ein Begriff.
Zwischen all dem guten alten New Orleans-Jazz sorgen Country-Klänge an, Salsa-Rhythmen und Oldie-Hits für Abwechslung. Und sogar aus den USA gibt es erstmals Besuch: Die Bluesband „Shri” aus Chicago stöpselt die Instrumente auf dem Bahnhofsvorplatz ein. Rolf Wagemann zieht sein Fazit: „Musik super, Besucherzahlen okay, bis in die Nacht ging die Post ab. Wir können zufrieden sein.”