An der Kapellenstraße in Schalke-Nord hat die Stadt erstmals eine katholische Einrichtung übernommen.Der Übergang könnte wegweisend sein für künftige Träger-Wechsel. "Soziale Katastrophe" abgewendet
Hoch schlugen die Wellen im Frühjahr, und das nicht nur in Schalke-Nord, als die katholische Kirche das Aus für ihre Kindertagesstätte St. Anna verkündete - zum 31. Juli. Die Verwaltung sprang kurzfristig in die Bresche, und nun, nach den Ferien, wurde am selben Ort die neue Kindertagesstätte Kapellenstraße in städtischer Trägerschaft aus der Taufe gehoben. Es ist die erste Übernahme einer katholischen Einrichtung, und an ihr kann man ablesen, wie die Stadt künftige Wechsel vollzieht.
Übernommen hat die Verwaltung, genauer: die städtische eigenbetriebsähnliche Einrichtung GeKita, an der Kapellenstraße eigentlich nur das Haus und auch das zunächst nur für ein Jahr, bis der neue Mieter, das Sozialwerk St. Georg, ein- und die Kita in ihre endgültigen Räume umzieht. Ansonsten: ist alles neu. Das Personal, die Gestaltung der Räume, das pädagogische Konzept.
"Wir sind ein weltanschaulicher, neutraler Träger", sagt Jugendamtsleiter Alfons Wissmann, was nichts anderes heißen soll, als dass die Schwerpunkte in der Arbeit mit den Kindern unter der Regie der Stadt völlig andere sind. Abzulesen ist das nicht allein an den fehlenden Kreuzen über den Türen.
Neue Erzieherinnen, drei an der Zahl, wurden eingestellt, und sie haben in den Ferien erstmal die Ärmel hochgekrempelt. Die Möbel wurden umgestellt, viele Tische wie Stühle gar ausrangiert, und kleine Bereiche, für Kinder wie die Eltern, geschaffen. "Wir wollten mehr Licht und Luft, damit sich die Kinder entfalten können", sagt Barbara Goch, die als Kita-Leiterin von der Schwalbenstraße in Beckhausen nach Schalke-Nord gewechselt ist. Dazu gehört auch, dass der Nachwuchs nun in den Gruppen frühstückt und nicht mehr in einem Esszimmer.
Groß geschrieben werden soll die Elternbeteiligung, der städtische Entwicklungsbegleiter, der das Heranwachsen der Kinder dokumentiert, wird eingeführt, und nicht zuletzt sollen Gesundheitsaspekte und Sprachförderung ein zentrales Element der pädagogischen Arbeit werden. Letzteres übrigens auch deshalb, weil an die 90 Prozent der Besucher einen Migrationshintergrund hat.
Schon in den ersten Wochen nach der Öffnung, glaubt Kita-Leiterin Goch, sei es dem neuen Team gelungen, das Vertrauen der Kinder zu gewinnen. Längst nicht alle haben den Schnitt mitgemacht: Als das Bistum das Aus verkündete, halbierte sich die Zahl der Mädchen und Jungen bis Ende Juli von 50 auf 25. 13 neue Kinder kamen bislang hinzu, und das heißt auch: Ein halbes Dutzend Plätze ist noch frei, zusätzlich erstmals auch drei für unter Dreijährige.
Durch die Rettung des Kindergartens, sagt Jugendamtsleiter Wissmann, gibt es in Schalke-Nord auch weiterhin "nahezu eine Vollversorgung". Das Aus der Kita dagegen hätte "eine soziale Katastrophe" nach sich gezogen. Weil die Versorgungsquote auf 63 Prozent gesunken wäre, weil Kinder in dem abgeschotteten Stadtteil keine Ausweichmöglichkeiten gehabt hätten, weil die Migrantenkinder dann keine Fördermaßnahmen mehr vor der Haustür vorgefunden hätten.
So reibungslos der Übergang letzlich funktioniert habe, ein weiterer, tiefer Einschnitt steht Kindern, Eltern und Mitarbeitern noch bevor: der Umzug im kommenden Sommer. Bislang, sagt Wissmann, fehle es an "adäquaten Räumen", und auch ein Neubau sei in so kurzer Zeit kaum zu realisieren. In einem Jahr, spätestens, sei aber eine Lösung gefunden. Die neue Kindertagesstätte Kapellenstraße, stellt er klar, bleibt dem Stadtteil erhalten.