WAZ-Serie (14): Norbert Labatzki, Jazz- und Klezmer-Musiker, vermisst für diese Stadt ein Büro als Anlaufstelle für freischaffende Künstler aller Sparten

Norbert Labatzki: Jazzer, Showmusiker, Klezmer-Spezialist. Zur Zeit wirkt er in Bernd Schindowskis
Norbert Labatzki: Jazzer, Showmusiker, Klezmer-Spezialist. Zur Zeit wirkt er in Bernd Schindowskis "Klezmer-Tanz" solistisch auf der Bühne mit. Foto: WAZ, Thomas Schild © WAZ

STANDORT KULTUREr bewegt sich ruhig, in sich versunken, meditierend über die "Bretter". Die Klarinette, die er virtuos spielt, wippt im Rhythmus der Noten. Er "singt" eine Weise von Schmerz und Herz, von Leid und Freud', von Trauer und Jubel - Norbert Labatzki interpretiert die jahrhundertealte Klezmer-Musik der Ostjuden. Zusammen mit der von ihm gegründeten Gruppe "Badeken di Kallah" ist er musikalischer Partner beim Ballett Schindowski und dessen "Klezmer-Tanz" im Kleinen Haus.

Labatzki, Jahrgang 1961, seit 1986 als freischaffender Musik ein vielseitiger "Leuchtturm" der regionalen Kulturlandschaft, tritt an ganz unterschiedlichen Orten auf: in der "Unverwechselbar" in Ückendorf, in der City zu besonderen Anlässen. bei privaten Feiern, bei Talkshows im Wissenschaftspark (die er selbst vorbereitet und moderiert), bei Sinfoniekonzerten, beim Musiktheater, mal als Solist, mal im Duo oder eben in einer orchestralen Besetzung - er spielt viele Instrumente, singt, arrangiert bekannte Standards, er komponiert zwischen Jazz und Pop. "Ein Kreativer muss auf möglichst vielen Hochzeiten tanzen, um zu überleben."

Und damit wären wir beim Thema - bei seiner Sichtweise zum "Standort Kultur". Gelsenkirchen habe viele Vorzüge, warte mit einer Reihe glänzender und innovativer Künstler auf, könne mit dem Musiktheater im Revier in der "Spitzenliga" antreten, sei bei der Bildenden Kunst "immer aktiv und interessant" vertreten - aber bei den Kontakten nach außen, zur Darstellung in den überregionalen Feuilletons würde Gelsenkirchen "viel zu wenig wahrgenommen". Andere Städte, andere Institutionen, andere "Netzwerke" würden sich besser präsentieren. "Daran hapert es - ist das vielleicht eine Selbstverständnisfrage?"

Was ihm in Gelsenkirchen fehlt, was er sich für die Zukunft aber "dringend wünscht": ein Ansprechpartner bei der Stadt, bei der Kulturverwaltung, ein sogenanntes "Kulturbüro", das die Mitglieder der "freien" Szene bei Anträgen und Projektkonzeptionen fördert und in der Praxis begleitet.

Labatzki: "Ein freischaffender Künstler muss alle Aufgaben in Personalunion erledigen: Organisator, Marketing-Experte, Regisseur, Musiker, Antragsteller, Werbe-Stratege, Koopereationspartner. Dass bei diesem Profil mal schwächere Seiten sich bemerkbar machen, liegt auf der Hand." Künstler brauchten Hilfe. Sie bestimmen "eigentlich das Klima einer Stadt wie Gelsenkirchen, die endlich einmal aus dem Klischeebild entlassen werden muss." Gelsenkirchen könne "stolz auf seine kulturellen Schätze" sein.

Für "Ruhr.2010" erwartet er "viele schöne, aufregende Termine". Wie sich darin Jazz einbetten lässt, sei für ihn nicht abzulesen. "Wichtiger als das Hauptstadtjahr sind kulturpolitische Strukturen, auf die wir uns verlassen können - in 2012 oder in 2020." Er will in Kürze in Projekte mit der Jugendkultur einsteigen: "Dort werden wir am ehesten gebraucht." HJL