Zukunft in Gelsenkirchen gestalten. Werner Rybarski, Leiter des Agenda 21-Büros, zieht eine Bilanz der ersten zehn Jahre. ...
... Den Erfolg sichern die vielen Bürger in den Arbeitskreisen und Stadtteilen "Zukunft in Gelsenkirchen gestalten": Dieses Motto hat sich die lokale Agenda 21 gegeben, die vor zehn Jahren unter dem Dach des Umweltamtes gegründet wurde. Zum zehnten Geburtstag sprach WAZ-Redakteur Michael Muscheid mit Werner Rybarski, Leiter des Agenda 21-Büros. ZEHN JAHRE UMWELTAMT WANDEL FÜR DIE ZUKUNFT (3) Ihr Auftrag lautet, die "Agenda 21" in Gelsenkirchen mit Leben zu füllen. Wie geht das mit so einem sperrigen Begriff?
Rybarski: Wenn ich in einer Werbeagentur säße und den Auftrag hätte, die Kampagne für ein Parfüm namens "Griff ins Klo" zu entwerfen, wäre das sicherlich ähnlich schwierig. Hinzu kommt, dass der Begriff "Agenda 21" nicht nur sperrig ist, sondern auch belastet. Denken Sie an die Bauern-Agenda oder die Schröder-Agenda. Sie haben Recht: Unter Marketing-Aspekten tragen wir die schwerste Last überhaupt. . .
Warum wird in Gelsenkirchen so viel Gewicht auf die lokale Agenda 21 gelegt? Hat die Stadt nicht genug andere Probleme?
Rybarski: Meinen Sie die hohe Arbeitslosigkeit, den langwierigen Strukturwandel oder das noch schlechte Image der Stadt?
Suchen Sie sich was aus. . .
Rybarski: Fakt ist: Gerade für Gelsenkirchen ist die lokale Agenda 21 wichtig. Wir schauen, wie 1992 auf dem Weltgipfel in Rio vereinbart, wie sich vor Ort die soziale, ökonomische und ökologische Lage darstellt. Gibt es Probleme, überlegen wir uns Maßnahmen, die uns dabei helfen, zukunftsfähig zu sein. Und das kommt Gelsenkirchen zu Gute.
Nennen Sie uns ein Beispiel. . .
Rybarski: Nehmen wir das Agenda-21-Projekt "Ökoprofit". Der Kern: Unternehmen investieren in den Umweltschutz und steigern damit ihre Wettbewerbsfähigkeit. Wer durch dieses Projekt bessere Zahlen vorweisen kann, steht gestärkt da. Das hilft auch der Wirtschaft und dem Standort. Nicht zuletzt engagieren sich die Mitarbeiter in den Unternehmen für den Umweltschutz, viele Tausend waren das bislang bei Ökoprofit. Sie alle helfen als Bürger so auch aktiv dabei mit, das Image auch der Stadt zu verbessern.
Sie hören sich zufrieden an. Zehn Jahre Agenda 21 - ist das vor Ort eine Erfolgsgeschichte?
Rybarski: Keine Frage, wir stehen super da - auch wenn die Agenda 21 auch bei uns keine Massenbewegung ist. Aber: Wer in Deutschland eine lebendige, erfolgreiche und spannende Agenda 21 sehen will, der wird meist nach Gelsenkirchen geschickt.
Also sehen Sie sich im Konzert der lokalen Agenden 21 als Nummer eins im Land?
Rybarski: In den Uefa-Cup-Rängen sind wir allemal. In Gelsenkirchen engagieren sich besonders viele Bürger, sie bringen viel Kreativität, Kompetenz und Phantasie ein und haben wundervolle Projekte auf den Weg gebracht. Kurz: Global denken, lokal handeln, so lautet ja das zentrales Leitmotiv der Agenda 21, das funktioniert bei uns.
Ist das gerade auch Ihr Erfolg als Agenda 21-Beauftragter?
Rybarski: Nein! Erfolgreich ist unsere Agenda 21 aus mehreren Gründen. Erstens: Sie ist nicht rein städtisch, sondern - bundesweit einmalig - ein Public-Private-Partnership aus Umweltreferat und evangelischem Kirchenkreis. Zweitens: Wir sind pragmatisch an die Sache herangegangen, haben keine großen Leitbilder entworfen, sondern Projekte auf den Weg gebracht - und haben somit an Beispielen gezeigt, wie die Agenda 21 funktioniert. Drittens: Alle Parteien haben uns von Anfang an unterstützt. Und was meine Person angeht: Natürlich bin ich mit Engagement dabei, aber ich stehe damit eben nicht allein. Ohne den Einsatz meiner Kollegen in der Stadtverwaltung und im Agenda-21-Büro wäre alles nicht möglich. Und den Erfolg sichern die vielen Bürger in den Arbeitskreisen und Stadtteilagenden.
Was können wir in den nächsten zehn Jahren von der lokalen Agenda 21 erwarten?
Rybarski: Wir werden weiter schöne Projekte auf den Weg bringen, nun etwa steht die Erarbeitung eines Naturführers Gelsenkirchen an. Und wir werden den Weg in die Stadtteile weiter gehen, also nach dem Motto "Agenda 21 vor der Haustür" unsere ohnehin schon große Bürgerbeteiligung ausbauen.