An der Emmastraße startet ein Projekt, das Schüler individueller fördern und zu besseren Abschlüssen verhelfen soll. Ein mutiger Feldversuch
Sie stehen im Moment hart in der Kritik - die Hauptschulen. Zurückgehende Anmeldezahlen, schlechtes Bildungsniveau, soziale Probleme, so die Hauptvorwürfe. Besonders interessant ist vor diesem Hintergrund, dass eine kleine Schule mit rund 300 Schülern im Stadtteil Bulmke/Hüllen jetzt ganz offensiv nach vorne geht und sich diesen Schwierigkeiten stellt.
Die Hauptschule an der Emmastraße hat in den vergangenen Jahren aus eigener Kraft und in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Kirchenkreis Gelsenkirchen/Wattenscheid ein System entwickelt, bei dem Schüler gezielter gefördert und nach ihren Stärken und Fähigkeiten unterstützt werden sollen. Als einzige Hauptschule im Regierungsbezirk erhielt sie vom Ministerium die Genehmigung, dieses System im neuen zehnten Schuljahr erstmalig umzusetzen. Was ist also das Neue?
1. Mehr Differenzierung
Schüler, die nach dem neunten Schuljahr keine sogenannte Qualifizierung für den Realschulabschluss bekommen, können diese ab sofort dennoch in einzelnen Fächern erhalten - was am Ende der zehnten Klasse auf dem Zeugnis zertifiziert wird.
Beispiel: Ein Schüler ist nicht gut in Sprachen, aber besonders gut in Mathe. Dann bekommt er in diesem Fach gezielte Förderung und dennoch einen besseren Abschluss, auch wenn er in den anderen Fächern nur auf Hauptschulniveau abschließt.
2. Mehr Nähe zu Betrieben
Für die Schüler gibt es einmal in der Woche einen sogenannten „Praxistag”. Hier können sie etwa in ausgesuchten Betrieben ihre praktischen Fähigkeiten austesten und weiterentwickeln - und wichtige Kontakte knüpfen. Wahlweise kann an diesem Tag auch Förderunterricht in Anspruch genommen werden. Voraussetzung dafür: Mit den Schülern wird bis zum Ende der Klasse neun ein Berufswunsch bzw. -ziel erarbeitet.
Beispiel: Eine Schülerin möchte gerne im Bereich Einzelhandel arbeiten. Jeden Mittwoch kann sie im Partnerbetrieb der Schule ein paar Stunden aushelfen. Hier kann sie sehen, ob der Beruf etwas für sie ist. Und der Betrieb kann sehen, ob die Schülerin als spätere Auszubildende in Frage kommt.
3. Mehr Beratung
Jeder Schüler wird regelmäßig nach seinen Vorlieben und Stärken und Schwächen befragt. Es wird gemeinsam erarbeitet, wie ein schulischer bzw. beruflicher Werdegang aussehen kann und dieser immer wieder regelmäßig besprochen.
Beispiel: Ein Schüler hat schlechte Leistungen in Mathe und Physik, ist dafür gut in Deutsch und Sport, möchte aber Kfz-Mechaniker werden. Es wird zusammen überlegt, ob man entweder die Förderung in diesen Fächern verstärkt, oder ob man nicht gleich eine andere berufliche Planung einschlagen kann, etwa in Richtung Gesundheitssektor, Krankenpflege oder ähnliches.
„Ausgangspunkt für unsere Initiative war, dass wir die Chancen für unsere Schüler auf Ausbildung und später den Arbeitsmarkt deutlich verbessern wollen”, betont Schulleiterin Ulrike Rupieper. Dadurch, dass bestimmte Fähigkeiten auf dem Zeugnis extra ausgewiesen würden, solle Vertrauen geschaffen werden. „Und auch durch die Nähe zu den Betrieben, die unsere Schüler ja dann in direktem Kontakt kennenlernen.”