„Wir wurden alle überrascht.” Wie Thomas Menne, Filialleiter des Autohauses Tiemeyer am Wildenbruchplatz, bekommen auch andere Autohändler in Gelsenkirchen derzeit die Entwicklungen auf dem Benzinmarkt mit drastisch steigenden Preisen, auch beim Diesel, zu spüren.

Ob bei VW, Audi, Opel, Mazda oder Ford – binnen weniger Monate schlug das Kaufverhalten in der Autobranche überraschend um und stellt die Autohäuser der Stadt nun vor eine neue Situation: Statt Diesel und Neuwagen sind nun Kleinwagen und „Benziner” sehr gefragt. „Es werden nicht mehr wie in der Vergangenheit 60 bis 70 Prozent an Diesel-Fahrzeugen verkauft, sondern Kleinwagen und Benziner - die sogar mit einer hohen Motorisierung”, sagt Thomas Menne. „Der Bestand an Autos deckt sich nicht mit mehr mit dem Kundeninteresse, man bleibt auf Dieselfahrzeugen sitzen.” In der Gunst des Kunden liegen derzeit vor allem Autos, die Benzin tanken: „Viele wollen einen Gebrauchtwagen mit Benzin-Antrieb, um später in diesen eine Gasanlage einzubauen”, sagt Magarete Neubaum, die das Mazda-Autohaus Neubaum leitet. Die Gründe sind offensichtlich. „Der Einbau einer Gasanlage kostet 2000 bis 2500 Euro, der Gaspreis liegt um die 69 Cent. Damit spart man sich den Kauf eines Neuwagen.” Seit rund anderthalb Jahren beobachtet die Geschäftsführerin des Autohauses in Schalke das neue Bewusstsein beim Einkauf: „Neben dem Benziner sind Kleinwagen begehrt, die möglichst wenig verbrauchen.” Einen solchen Wandel beim Kaufverhalten hat Magarete Neubaum noch nie miterlebt: „Das ist die krasseste Umschwungsphase, die wir miterleben. Damit war nicht zu rechnen.” Dabei ist sich Heinz Bernhof vom Opel Doerpinghaus in Buer nicht sicher, ob sich alle Kunden beim Autokauf vorher ausreichend informiert haben: „Viele Leute wollen ihren Diesel direkt in Zahlung geben, um nach dem Kauf eines Benziners den Wagen aufzurüsten. Für den Wenigfahrer lohnt sich das aber nicht”, warnt er. Die Tendenz sei aber eindeutig: „Viele interessieren sich für Kleinwagen.” Den Kleinwagen-Trend kann auch Walter Franiczek, Filialleiter von Ford Mohag an der Emscherstraße, bestätigen: „Die Motorisierung spielt längst keine Rolle mehr, sondern vielmehr der Kraftstoffverbrauch.” Franiczek hat bei den Autofahrern seit dem Anstieg der Spritpreise ein neues Fahrverhalten festgestellt: „Wir können an den Bordcomputern ablesen, dass sich viele Fahrer den angegeben Werten der Hersteller nähern, da beim Fahren immer mehr auf dem Kraftstoffverbrauch geachtet wird.” Unter der überraschenden Wende auf dem Automarkt haben vor allem die Autohäuser zu leiden: „Man kann ja großartig nicht reagieren, da wir ja unseren Bestand vor einem Jahr geplant haben und gegenüber den Herstellern in der Pflicht stehen”, so der Mohag-Filialleiter.