Gelsenkirchen. . Die Anträge zur Neuordnung der Bäderlandschaft in Gelsenkirchen stehen auf der Tagesordnung des Rates. Einige Parteien liebäugeln mit einem Ratsbürgerentscheid.
Die Ratssitzung am 1. Dezember wird die Bühne für eine große Diskussion werden: Die Anträge der SPD, der CDU und der Grünen zur Neuordnung der Bäderlandschaft stehen auf der Tagesordnung. Hintergrund: Die Stadtwerke können angesichts der schlechten Erlösentwicklung aus der Verpachtung des Energienetzes absehbar nicht mehr so viel Geld zuschießen wie bisher.
Seit Monaten schon läuft eine wuchtige Diskussion in der Stadt, welches Bad wie erhalten und welches fallen kann oder soll. Gerade die WAZ-Leserschaft hat in ungezählten Beiträgen ihre Standpunkte vertreten. Zu den Hallenbädern in Buer und Horst, die mittlerweile als sicher gelten. Zum Jahnbad in Heßler auch, das weiterlaufen soll, bis größere Reparaturen es endgültig als unrentabel abstempeln.
Drei politische Ansätze gibt es
Auch sind die Ansätze von drei Parteien bekannt. Die SPD möchte ein neues Kombibad an der Caubstraße in Schalke-Nord bauen. Dafür sollen die beiden großen Verlustbringer fallen: das Sport-Paradies mit Emscher-Lippe-Halle und das Zentralbad. Grüne und CDU wiederum vertreten, abgesehen von Nuancen, die gleiche Position: Alle Bäder sollen erhalten bleiben (beim Jahnbad stimmen alle drei überein). Außerdem wollen Grüne und CDU die zukunftsweisende Entscheidung mit einem Ratsbürgerentscheid unterfüttern. Die Linke „liebäugelt“ nach eigenem Bekunden ebenfalls damit, „die Bürgerschaft einzubinden“ (dazu Pro und Contra).
Meinungen im WAZ-Voting sind geteilt
Was aber sagen „die“ Bürger? Auf der Internetseite der WAZ-Redaktion (www.waz.de/gelsenkirchen) steht seit zwei Wochen ein Online-Voting zum Vorschlag der SPD. Bis Freitagnachmittag stimmten 1597 Leser ab. Nun ist das kein repräsentatives Bild, aber es gibt eine Stimmung wieder. Das Resultat: 36 Prozent finden den Vorschlag der SPD gut. 35 Prozent wollen, dass die Bäderlandschaft in Gelsenkirchen so bleibt wie sie ist. Zwölf Prozent finden, dass das Sport-Paradies erhalten bleiben muss. Zehn Prozent können mit dem Vorschlag der Genossen gar nichts anfangen und sieben Prozent sind dafür, dass das Zentralbad nicht abgerissen werden darf.
Darüber hinaus gibt es ein bemerkenswertes bürgerschaftliches Engagement: Julia Kopania (27), Studentin aus Erle, hat eine Online-Petition zum Erhalt des Sport-Paradieses ins Leben gerufen. 2291 Unterstützer zählt der Aufruf am Freitag; von ihnen kommen 1619 aus Gelsenkirchen.
Ratsbürgerentscheid – ein Pro von Inge Ansahl
Die Zukunft der Bäderlandschaft ist ein absolutes Bürgerthema. Und die Bürgerschaft, oft genug enttäuscht von der Politik, sollte bei diesem Thema nicht nur bei Informationsveranstaltungen fragend zu Wort kommen dürfen. Sie soll mitentscheiden.
Das ist Demokratie in Reinkultur bei einem Thema, das die Gemüter schon lange bewegt und das jeden etwas angeht. Schwimmen, ob als Sport, Freizeitbeschäftigung oder aus gesundheitlichen Gründen, gehört zur Daseinsvorsorge. Richtig ist, dass alle Wahlberechtigten die Möglichkeit haben, ihren Stadtrat zu wählen. Richtig ist aber auch, dass man sich deswegen nicht fünf Jahre lang über Entscheidungen ärgern muss. Wählen heißt nicht automatisch, mit allem einverstanden zu sein, was in den folgenden fünf Jahren passiert.
Es wäre Größe, die Bürger einzubinden
Ich würde meinen Hut vor dem Rat dieser Stadt ziehen, wenn er die Größe besäße, die Bürger der Stadt durch einen Ratsbürgerentscheid aktiv mit einzubinden. Das heißt nicht, dass Politik es sich einfach macht und Verantwortung abgibt. Im Gegenteil. Wenn die Menschen in der Stadt ihr Zentralbad am alten Standort haben wollen, bedeutet das Arbeit. Und bei all denen, die auf der sicheren Mehrheitsseite stehen: umdenken!
Ratsbürgerentscheid – ein Contra von Friedhelm Pothoff
Die Mitmach-Demokratie hat ihre Grenzen. Ich etwa halte es für meine erste Pflicht, bei Wahlen meine Stimme abzugeben. Nicht nur in Bund und Land, weil's populär ist, sondern gerade für den Stadtrat. Er ist in Zeiten, in denen das Zahlungsverhalten von Berlin und Düsseldorf so manchen Wunsch offen lässt, wichtiger denn je. Er ist ein Sprachrohr für die Bürger – mit hohem Wert.
Dafür will ich aber auch Leistung sehen. Damit meine ich: Der Rat einer Stadt, in diesem Fall der Gelsenkirchener, muss in Entscheidungsfindungen einem übergeordneten Ziel gerecht werden: das Beste für alle Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Dieser Weg kann nicht frei von Fehlern sein, er muss aber auch mal frei von parteipolitischem Geplänkel sein.
Eine gemeinsame Suche nach der Lösung
Deshalb mein Vorschlag bei der Neuordnung der Bäderlandschaft: Die Suche nach der Lösung muss eine gemeinsame sein. Was für ein starkes Signal der Demokratie wäre das! Gutachten müssen genutzt, die Wirtschaftlichkeit der Stadtwerke berücksichtigt werden. Die wichtigen Details können die Bürger nicht kennen. Ein Ratsbürgerentscheid dient nur einem Zweck: selbst nichts falsch zu machen auf der Jagd nach Wählerstimmen.