Gelsenkirchen. . Gelsenkirchens Verwaltung will von den 49,44 Millionen Euro vom Land viele Schulen profitieren lassen. Großprojekte sollen außen vor bleiben.
- Landesprogramm „Gute Schule 2020“ soll 2017 starten, das Landesgesetz ist aber noch nicht beschlossen
- Bildungsverwaltung in Gelsenkirchen will flächendeckend in Digitalisierung und Infrastruktur investieren
- Grüne im Ausschuss lehnen schnelle Abstimmung ab. Großprojekte nicht ausschließen
49,44 Millionen Euro bekommt Gelsenkirchen ab 2017 bis 2020 aus dem NRW-Landesprogramm „Gute Schule 2020“. Im Juli hatte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft den Start eines solchen Programms angekündigt, Ende November soll der Gesetzentwurf „zur Stärkung der Schulinfrastruktur in NRW“, der die Finanzierung über die NRW-Bank absichert, vom Landtag beschlossen werden. Gelsenkirchen hat indes bereits vorgearbeitet, um sofort starten zu können, wenn das Gesetz zum 1. Januar 2017 wie geplant in Kraft tritt.
Eine dezernatsübergreifende Steuerungsgruppe unter Führung des Bildungsbüro-Leiters Thomas Wondorf mit Rückendeckung vom Oberbürgermeister soll (auch) die bauliche Planung sicherstellen.
Investition in Whiteboards und digitale Lehrerarbeitsplätze
Ein Viertel des Geldes soll laut Verwaltungsvorschlag in Digitalisierungsmaßnahmen inklusive digitalen Lehrerarbeitsplätzen fließen. Ans Glasfasernetz angeschlossen sind bereits alle Schulen, hier sind – im Gegensatz zu anderen Städten – nur die Bandbreiten anzupassen. 390 Unterrichtsräume haben bereits interaktive Whiteboards (Schreibtafeln, die auch als Leinwand, mit Internetzugang nutzbar sind), die übrigen 1640 sollen folgen. 20 Grundschulen hat die Verwaltung für den Start ausgewählt.
„Wir planen auch, in Absprache mit Schulen und Schulaufsicht, Lehrer fortzubilden, damit sie die digitalen Lernmittel optimal einsetzen können“, erläutert Thomas Wondorf. Bildungsdezernentin Annette Berg ist von deren Nutzen überzeugt: „Diese Technik kann Bildungsprozesse gut unterstützen, gerade in Klassen mit Schülern mit sehr unterschiedlichem Hintergrund. Und digital gut ausgestattete Schulen sind auch für junge Lehrer attraktiv“, hofft sie.
Grüner beklagt fehlende Bedarfsanalysen und lässt Abstimmung verschieben
Vor allem die Detailplanung stieß bei der Vorstellung im Bildungsausschuss am Donnerstag auf Kritik des Grünen David Fischer. Er beklagte erstens zu wenig Vorlauf zur Meinungsbildung – die Vorlage kam erst Montag –, zweitens fehlende Bedarfsanalysen und drittens den Ausschluss von Großprojekten für die Gesamtschule Berger Feld in der Vorlage. Auf seinen Wunsch wurde – trotz Zustimmungsbereitschaft der anderen Fraktionen – nicht über die Vorlage abgestimmt. Dies soll im Rat am 1. Dezember geschehen.
Differenzierungsräume sind wichtig zum Abbau von Bildungsbenachteiligung
Der Löwenanteil der Fördermittel – etwa 38 Millionen – soll in Infrastrukturmaßnahmen fließen. Für den Bau dringend benötigter, zusätzlicher Klassen-, Betreuungs- und Differenzierungsräume, die Sanierung von Toiletten, Sonnenschutz und Fenster, Schulhöfe, Akustik und Beleuchtung. „Eine gute Infrastruktur kann Bildungsbenachteiligungen abbauen. Differenzierungs- und Betreuungsräume sind dafür wichtig,“ so Berg.
In der Verwendung der Gelder sind die Städte sehr frei. Vorgesehen sind je Jahr 12,36 Millionen Euro, die aber für ein Jahr übertragbar sind. Erst danach verfallen sie. WC-Anlagen in sieben Schulen sollen zum Auftakt saniert und behindertengerecht umgerüstet werden.
Kommentar: Der richtige Ansatz zur richtigen Zeit – Von Sibylle Raudies
Gelsenkirchen hat mehr als seine Schularbeiten gemacht. Mindestens einen Smiley (das moderne Fleißkärtchen) hat das Team des Bildungsdezernats verdient mit der schnellen Vorbereitung der „Guten Schule 2020“. Im Juli hatte Hannelore Kraft das Paket erstmals angekündigt. Und noch bevor das Land das entsprechende Gesetz verabschiedet hat, steht das Grobkonzept für den Einsatz der angekündigten Mittel vor Ort. Sogar erste Schulen sind als Nutznießer benannt.
Besonders wichtig ist allerdings die Steuerungsgruppe, die mit Rückhalt vom Oberbürgermeister sicherstellen soll, dass es genug Planungskapazitäten gibt. Gerade die unterbesetzte Bauplanung hat schon manche Schulsanierung – zum Beispiel bei Berufskollegs – verhindert.
49,44 Millionen Euro sind viel Geld – aber garantiert nicht zu viel, um die teils maroden Schulen in motivierende Lernorte zu verwandeln. Die Verwaltung empfiehlt dringend, das Geld für Sanierung, Ergänzung von Räumen und Digitalisierung in der Breite zu nutzen statt in Großprojekte zu investieren. Und das ist richtig. Ein Leuchtturm hilft nur wenigen, bessere Lernbedingungen in der Fläche den meisten.
Natürlich muss die Detailplanung überprüft werden, muss es eine Bestandsaufnahme und Bedarfsabfrage bei den Schulen geben, so schnell wie möglich. Aber wer 2017 investieren will, muss das jetzt vorbereiten.