Gelsenkirchen. . CDU wirft der Verwaltung Konzeptlosigkeit vor. Unionspolitikerin Birgit Lucht fordert flächendeckende Gleisbegrünung und Pflastersteine mit Filtereffekt.
- Unionspolitikerin Birgit Lucht fordert flächendeckende Gleisbegrünung und Pflastersteine mit Filtereffekt
- Diese Maßnahmen sollen die Schadstoffbelastung mit Stickoxiden (NOx) in der Luft verringern helfen
- Mainzer Universität beziffert die NOx-Abbauraten im Bottroper Modellversuch auf 20 bis 40 Prozent
Nach der Begrünung des Gleisbettes an der Schalker Meile hat die Union ihre Forderung nach einem ganzheitlichen Konzept zur Luftreinhaltung erneuert und der Verwaltung das Fehlen eines durchdachten klimapolitischen Konzeptes vorgeworfen. Birgit Lucht, Sprecherin der CDU-Fraktion im Umweltausschuss: „Wir fordern die Begrünung aller Straßenbahngleise in Gelsenkirchen. Einen entsprechenden Antrag haben wir für die Haushaltsberatungen eingestellt.“ Zugleich warb die Politikerin abermals dafür, an belasteten Straßen und Plätzen sogenannte „photokatalytische Steine“ zu verbauen. Die Steine sollen die gesundheitsschädlichen Stickoxide aus der Luft filtern.
Stickoxide sind gesundheitsschädlich
Stickstoffoxid ist eine Sammelbezeichnung für Gasverbindungen aus Stickstoff und Sauerstoff. Diese verursachen den sommerlichen Ozonsmog, greifen aber auch die schützende Ozonschicht der Erde an und heizen damit den Klimawandel an. Sie schädigen Pflanzen und sind insbesondere für Asthmatiker gefährlich, weil sie die Bronchien verengen können.
Vorwurf der CDU: Verwaltung arbeitet kontraproduktiv
Lucht warf der Verwaltung vor, kontraproduktiv zu arbeiten: „Auf der einen Seite die Herausstellung und Freude über einen Schritt zur Verbesserung der Luftqualität an der Kurt-Schumacher-Straße und auf der anderen Seite die Schaffung neuer Hitzeinseln durch massive Abholzungen, beispielsweise an der Ebertstraße. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man es für einen schlechten Scherz halten.“ Als weiteres kritikwürdiges Beispiel nannte Lucht den Umbau der Horster Straße. Da sei in den Planungen eine Begrünung der Gleise gar nicht in Erwägung gezogen worden. „Bei solch wichtigen Dingen wird der Umweltausschuss oft nicht einbezogen und stiefmütterlich behandelt“, klagt die Unionsfrau.
Stadt hat Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Forderungen
Die Stadt hingegen hat starke Zweifel an der Sinnhaftigkeit der CDU-Forderungen. „Eine flächendeckende Begrünung der Gleise ist überaus teuer und pflegeintensiv“, sagte Stadtsprecher Martin Schulmann. Und sie mache, wenn überhaupt, nur da Sinn, wo ein Schotterbett vorhanden sei. „An der Cranger und Horster Straße ist das Gleisbett zugleich Fahrfläche für den Autoverkehr. Da geht so etwas nicht. Gleise im Schotterbett gibt es beispielsweise an der Straßenbahnstrecke nach Buer, zugleich dort aber auch viele Freiflächen in Höhe der Arena, danach kommt der Berger See mit viel Grün nebst einer luftigen Wohnbebauung – dort wäre der Filtereffekt des Rasens kaum spürbar.“
Stadt stützt sich auf Einschätzung des Landesumweltamtes
Ablehnend steht die Verwaltung auch den photokatalytischen Steinen zum Abbau der Stickoxidbelastung (NOx) gegenüber. Die Stadt stützt sich dabei auf die Einschätzungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz sowie die Bundesanstalt für Straßenwesen aus 2015, die den Filtereffekt als „eher ernüchtern“ (zwei bis drei Prozent) einstuften.
Bottrop hat gute Erfahrungen mit dem Filterpflastersteinen gemacht
Das allerdings steht im Widerspruch zu den Erfahrungen, die die Stadt Bottrop hat – dort wurde das Pflaster im Zuge des Projektes „Innovation City“ testweise eingebaut, der Effekt von der Mainzer Uni gemessen und im August 2015 vorgestellt. Resultat: eine Reduzierung der Stickoxide um 20 bis 40 Prozent.
Auf ähnliche Abbauraten kam Anfang 2015 auch das renommierte Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie – zumindest wenige Zentimeter über dem Pflaster. Eine Aussage über das Ausmaß der NOx-Minderung in einer Höhe, die für Erwachsene relevant ist, konnte seinerzeit nicht getroffen werden.
Ein photokatalytischer Pflasterstein und Rollrasen sind teuer
Drei bis fünf Euro kostet ein photokatalytisch aktiver Pflasterstein mehr als ein normaler. Ein handelsüblicher Doppel-T-Stein kostet rund 40 Cent, Standard-Rechtecksteine etwa elf Cent. Die 2500 Quadratmeter Rollrasen an der tief gelegenen Schalker Meile zwischen Berliner Brücke und Ernst-Kuzorra-Platz sind mit150 000 Euro zu Buche geschlagen.Die Bogestra als Bauherrin hat derzeit „keine weiteren Gleisbegrünungen in Planung“. Man bleibe in städtebaulichen Fragen mit der Stadt Gelsenkirchen im Gespräch.