Gelsenkirchen-Scholven. . Eine Gemeinde im Umbruch feiert 100-jähriges Bestehen: St. Josef in Scholven erinnert in diesen Tagen an die Errichtung der Pfarre. Ihr Leiter, Diakon Axel Büttner, hat in den vergangenen Jahren die Verantwortung der Ehrenamtlichen ausgebaut.
- Mit einer Veranstaltungsreihe feiert die St.-Josef-Gemeinde in Scholven ihren 100. Geburtstag
- Leiter Diakon Axel Büttner ist stolz auf den Wandel von einer „Komm-her-“ zur „Geh-hin“-Kirche
- Aufgaben, die früher von Hauptamtlichen erledigt wurden, liegen nun bei Ehrenamtlichen
Früher war alles besser? Wenn Diakon Axel Büttner, Leiter der St.-Josef-Gemeinde Scholven, Chroniken durchblättert, muss er schmunzeln angesichts dieses Klischees. Wo haben die Katholiken vor Ort nicht überall heilige Messen gefeiert: 1911 in einer Schulbaracke an der Heidestraße, 1913 gar im neuen Schul-Treppenhaus an der Feldhauser Straße (im dritten Stock!), bevor Landwirt Johann Vennemann einen Saal an der Baulandstraße als Notkirche errichten ließ. Heute, 100 Jahre nach der Errichtung der Pfarre St. Josef Scholven, ist sich Büttner sicher: „Wo wir die Eucharistie feiern, ist zweitrangig. Dass wir die Menschen überhaupt mit Gott in Berührung bringen, zählt viel mehr!“
Wie sehr Kirche sich gewandelt hat, lässt sich in Scholven gut besichtigen. „Was die Zahl der Gemeindemitglieder angeht, so haben wir uns im Vergleich zu Spitzenzeiten mit rund 7000 Gläubigen halbiert“, so Büttner. Derzeit zählt St. Josef 3300 „Schäfchen“. Der „gute Hirte“ ist seit 2009 kein Priester mehr, sondern ein hauptamtlicher Diakon mit Koordinierungsaufgaben, der die Gemeinde „an die Realitäten anpasst“, wie Büttner sagt.
Große Hilfsbereitschaft
Konkret: „Angesichts rückläufiger Priesterzahlen müssen Laien verstärkt Aufgaben wahrnehmen, weil Angebote sonst wegfallen. Mittlerweile ist es leicht, Ehrenamtliche für bestimmte Projekte zu finden.“ So sind sie es, die nach Absprache mit der Gemeindeversammlung eigenständig handeln. „Um die Einsatzpläne von Küstern und Präsenzlern im Gemeindebüro brauche ich mich nicht zu kümmern. Andere Gruppen verantworten etwa den Besuchsdienst und die Krankenkommunion.“
Vor 100 Jahren war das anders: Ohne Pfarrer – Kirchenvorstand hin oder her – lief letztlich nichts. Trotzdem dauerte es bis 1925, bis an der Feldhauser Straße die Kirche samt Pfarrhaus stand – zu diesem Zeitpunkt hatten sich Arbeiter-, Mütter-, Jungmännerverein und Kirchenchor längst etabliert. Die Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg zwangen die Gläubigen erneut zum Umzug in den Saal Vennemann, bis das Gotteshaus 1947 repariert war. In Zeiten des Aufschwungs eröffnete 1958 der Kindergarten, dessen Leitung 1961 Don-Bosco-Schwestern übernahmen; 1967 wurden deren Schwesternwohnheim und 1973 die neue Kirche an der Buddestraße/Im Brömm errichtet, 1994 schließlich das Kreuz auf der Halde geweiht.
Seit 2007 gehört St. Josef zur Pfarrei St. Urbanus, die Phase des Umbruchs aber, sie hält angesichts massiver Sparzwänge an. Diakon Büttner ist sich dessen bewusst, verweist aber auf das Positive: „Wir sind keine ,Komm-her-Kirche’ mehr, sondern eine ,Geh-hin-Kirche’! Es gibt keinen Kreis im Quartier, an dem wir nicht beteiligt sind. Und als ich vor Kurzem morgens im Gottesdienst um gebrauchte Schuhe für Flüchtlingskinder bat, hatte ich um 12 Uhr 400 Paar im Pfarrhaus liegen. Die Scholvener Gläubigen sind einfach unglaublich offen und hilfsbereit!“