Der neue Masterflex-Chef Andreas Bastin will sich aufs Kerngeschäft konzentrieren, das Projekt-Management straffen und klarere Zeit- und Finanzierungspläne präsentieren. "Aussichtsreiches Chancenpotenzial für die Zukunft"

WAZ-INTERVIEW Gleich nach seinem Amtsantritt hat der neue Masterflex-Chef Andreas Bastin den Kurs des Schlauchherstellers korrigiert. Nach 100 Tagen im Amt sprach WAZ-Redakteur Michael Muscheid mit ihm.

Zuletzt arbeiteten Sie bei einer Bosch-Tochter. Was hatte die mit Schläuchen zu tun?

Bastin: Gar nichts. Unter Schläuchen konnte ich mir nicht viel vorstellen, erst recht nicht, dass man damit Geld verdienen kann.

Und? Kann man?

Bastin: Ich hatte in meiner alten Position bei Masterflex über ein Jahr lang Zeit, mich einzuarbeiten. Das habe ich genutzt und viel gelernt - auch, dass man mit Schläuchen Geld verdienen kann.

Und doch hat Masterflex viel Geld verloren: Acht Millionen Euro wurden in den Sand gesetzt, Sie zogen die Reißleine...

Bastin: Die neue Strategie, hin zum Kerngeschäft Schlauchsysteme, wurde gemeinsam im Herbst unter dem alten Vorstandschef verabschiedet, insofern setze ich sie jetzt um. Im Übrigen: Auch künftig werden wir Risiken eingehen, sonst kann man ein Unternehmen nicht nach vorne bringen.

Wie konnte es zu den Abschreibungen kommen?

Bastin: Masterflex hat eine atemberaubend gute Entwicklung hinter sich, der Umsatz etwa hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. Das ist sehr, sehr positiv, aber: Jetzt muss eben auch mal die Spreu vom Weizen getrennt werden.

Die Atemmaske Lary-Vent, in die Sie eine Million Euro gesteckt haben, ist wohl Spreu?

Bastin: Sie ist ein tolles Produkt, keine Frage, kommt aber leider einige Jahr zu spät. Hier haben wir in den vergangenen Jahren gegenüber Konkurrenz-Produkten unseren Vorsprung verloren. Daraus müssen wir Konsequenzen ziehen.

Welche denn?

Bastin: Wir geben bei Lary-Vent die Entwicklung auf und schauen, ob wir das Know-how verkaufen können. Wichtiger aber ist es, dass es uns künftig besser gelingt, Innovationen schneller auf den Markt zu bringen. Dazu müssen wir auch unser Projekt-Management straffen und brauchen klarere Zeit- und Finanzierungspläne.

Größter Batzen im Verlust-Geschäft ist mit 6,5 Millionen Euro die Unterstützung eines Start-up-Unternehmens. Auch hier suchen Sie den geordneten Rückzug. Warum?

Bastin: Das Unternehmen hat ein neues Verfahren zur Oberflächen-Beschichtung entwickelt, das vermarktet werden sollte. Hier kam es immer wieder zu Verzögerungen, so dass wir das Vertrauen verloren. Die Abschreibung ist bitter, aber Fakt ist auch: Wir machen nun einen klaren Schnitt.

Und der heißt: Konzentration aufs Schlauchgeschäft. Reicht das für eine weitere, positive Entwicklung?

Bastin: Ja. Als ich kam, war ich erschlagen von den vielen guten und schlüssigen Ideen für die kommenden Jahre. Diesen Fundus wollen wir nutzen, aber zugleich aufpassen, dass wir nicht im wahrsten Sinne des Wortes erschlagen werden. Heißt: Von der Idee zum Produkt brauchen wir klare, definierte Zeitschienen. Dann bin ich sicher, dass wir unser gutes organisches Wachstum noch weiter pushen können.

Wie sehen Sie Ihre Chancen im Ausland?

Bastin: Es gibt noch viele weiße Flecken auf der Landkarte. Ganz klar: Wir setzen auf eine Internationalisierung unserer Produkte und haben da noch viel Potenzial. Durch das schnelle Wachstum konnten wir unsere Möglichkeiten da nicht voll ausschöpfen. Das soll sich ändern, durch eine Verstärkung von Marketing und Vertrieb, aber möglicherweise auch durch neue Joint-Ventures und Akquisitionen in anderen Ländern.

Schauen Sie da nach China?

Bastin: Natürlich schaut man nach Asien, aber gleich vor der Haustür haben wir mit Osteuropa einen interessanten Markt. Nicht zu vergessen das USA-Geschäft: Das läuft in diesem Jahr bereits richtig gut.

Hin zum Kerngeschäft - heißt das auch eine Abkehr von der Brennstoffzellentechnik?

Bastin: Das ist eine hochinteressante Technologie, in die wir viel investiert und eigene Kompetenzen aufgebaut haben. Siehe etwa unser Lastentaxi, das nun vermarktet wird. Aber richtig ist auch: Die Brennstoffzellentechnologie gehört nicht zum Kerngeschäft, deshalb werden wir sie zum Jahresende in eine neue Sparte ausgliedern. Anschließend soll sie in zwei, drei Jahren unter dem Stichwort "Klimaneutrale Mobilität" zu einem echten Geschäftsfeld entwickelt werden. Ob es dann zum Beispiel einen Börsengang gibt oder ob es ein zweites Standbein neben den Schlauchsystemen wird, werden wir mittelfristig prüfen.

Zum leidigen Thema Aktienkurs: Vor einem Jahr war das Papier noch 25 Euro wert, jetzt liegt es bei knapp über 10 Euro. Ist die Aktie unterbewertet?

Bastin: Das müssen die Aktienbesitzer und Investoren entscheiden. Wir machen unsere Arbeit und konzentrieren uns auf Wachstum und Wertsteigerung im Kerngeschäft und kommunizieren dies transparent.