Gelsenkirchen. Flüchtlinge, die nach der Wohnsitzauflage in die ihnen zugewiesenen Städte zurückkehren sollen, demonstrierten auch Freitag vor dem Hans-Sachs-Haus
- 1940 Flüchtlinge in Gelsenkirchen sollen in Städte zurückkehren, denen sie zugewiesen wurden
- Seit Donnerstagabend demonstrieren bis zu 200 von ihnen dagegen vor dem Hans-Sachs-Haus
- Sozialdezernentin Karin Welge bot für das Wochenende auch Hilfe im akuten Notfall an
Sie sitzen und liegen auf Decken, Luftmatratzen, Iso-Matten unter Pavillons. Kinder spielen, junge Männer verteilen Pet-Flaschen mit Wasser. In der prallen Mittagshitze drängt sich eine Traube überwiegend männlicher Flüchtlinge um Jürgen Hansen.
Der Task-Force-Motor versucht, Ruhe rein zu bringen. „Heute ist Freitag, finish“, sagt er mit Fingerzeig auf das Hans-Sachs-Haus. „Finish“ – nicht ganz. Um 14 Uhr beginnt hinter verschlossenen Türen das Gespräch zwischen gewählten Flüchtlingsvertretern und der Verwaltung.
Während es drinnen um Aufklärung über die Wohnsitzauflage im Integrationsgesetz und eine Übergangslösung für die Betroffenen geht, ärgert sich draußen der nun parteilose Hansen über Auf-Stadtverordnete Monika Gärtner-Engel und ihre Mitstreiter, die (nicht nur) er für die Urheber der Demonstration vor dem Hans-Sachs-Sachs hält. „Was Auf da gemacht hat, ist ein no go, das gehört sich nicht, Menschen politisch zu instrumentalisieren.“ Auf-Aktivistin Martina Reichmann meint später, die Stadt habe mit der schnellen Umsetzung der Wohnsitzauflage das Chaos verursacht.
Die Menschen selbst sind eher verunsichert, viele haben keinen Cent mehr in der Tasche. Weil mit der Aufforderung, an den Ort ihrer Erstzuweisung zurückzukehren, der Leistungsbezug eingestellt wurde. Das heißt: Auch die Mieten werden nicht mehr bezahlt, die Ersten sind obdachlos. So wie Mustafa Samer Masali (41), der mit seiner Frau und den drei Kindern (2, 6, 11) aus Aleppo geflohen ist. Mona Elahib aus dem Libanon – sie wäre bei Rederecht eine der SprecherInnen in der Ratssitzung gewesen – sagt: „Die Menschen wollen zur Ruhe kommen. Viele lachen nach außen, aber innerlich sieht es schwarz und traurig aus.“
Sozialdezernentin Karin Welge macht drinnen deutlich: „Um eine gerechte und soziale Verteilung der Lasten zu erreichen und um den Flüchtlingen einen angemessenen Start in das Leben in Deutschland zu ermöglichen, ist es weiterhin sinnvoll,dass zugeteilte Flüchtlinge auch an dem Ort bleiben, dem sie ursprünglich zugeteilt worden sind.“ Nach dem Gespräch informiert Stadtsprecher Martin Schulmann die Leute über das Ergebnis: eine Übergangslösung zeitlich befristet bis Ende Oktober, pro Person im Regelfall 100 Euro in bar, sichergestellter Krankenversicherungsschutz, Überweisung der Mieten. Bis Montag bietet das Sozialamt im akuten Notfall Lebensmittelgutscheine und Aufenthalt in einer Gemeinschaftsunterkunft an. Die Jobcenter sind auf Anträge Betroffener vorbereitet.
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