Gelsenkirchen.. WAZ-Leser zu Gast bei der Gelsenwasser AG in Gelsenkirchen. Führung durch den neuen Büroturm, einem Glaskubus. Einblick in die tägliche Arbeiten der Kanalreiniger.
Das Runde folgt dem Eckigen, und das nicht nur in der nahen Schalker Arena: Seit einem Monat ist der gläserne Zylinderbau der Gelsenwasser AG an der Willy-Brandt-Allee im Betrieb, er beherbergt 120 Mitarbeiter von Gelsenkanal und die Abwassergesellschaft Gelsenkirchen mbH. Bereits jetzt durfte eine kleine Schar WAZ-Leser den 22 Metern hohen, hoch modernen Büroturm in Augenschein nehmen und im Anschluss daran einen Blick hinter die Kulissen des börsennotierten Unternehmens werfen. Unternehmenssprecher Felix Wirtz, Architektin Daniela Bauer und Ulrich Stachowiak, Betriebsleiter von Gelsenkanal, begleiteten die Führung.
Dass Gelsenkirchen die Heimstatt eines echten Schwergewichts der Wirtschaft ist, wissen nun noch mehr Leser. 2,4 Millionen Menschen versorgt der Konzern mit seinem Kerngeschäft, dem Trinkwasser. Daneben gibt es noch die Bereiche Abwasser, sowie Strom und Gas. Geliefert werden jährlich rund 228 Millionen Kubikmeter Wasser an Haushalte, Versorgungsunternehmen und Industrie in einem Gebiet vom Niederrhein bis nach Ostwestfalen. Konzernweiter Umsatz 2015: fast eine Milliarde Euro (siehe Info-Box).
Geothermie und Photovoltaik
Beeindruckt waren die WAZ-Leser auch von dem sechstöckigen preisgekrönten Glaskubus. Kosten: 8,5 Millionen Euro. Fünf Etagen mit jeweils elf lichtdurchfluteten Büros und insgesamt 1320 Quadratmetern Fläche bilden den Kern, hochmodern und energetisch ganz auf Nachhaltigkeit und Effizienz ausgelegt. Die dritte Ebene hält mehrere Konferenzräume vor. „Geheizt und gekühlt werden die Räume über Deckensegel in den Büros, alles vollautomatisch“, erklärt Architektin Daniela Bauer. Dazu noch ressourcenfreundlich über Energie aus Photovoltaik und Erdwärme. Weitere technische Leckerbissen: Sensorgesteuerte Sonnenrollladen und eine automatisierte Beleuchtungsanpassung.
Ortswechsel: der Fuhrpark, drei sündhaft teure Spezialfahrzeuge in Aktion, eines zum Reinigen der Sinkkästen, eines für die TV-Inspektion der Abwasserrohre, ein anderes zum Durchspülen und Reinigen der Kanäle. Ein Thema, das gerade nach den Starkregen und Überflutungen in jüngster Zeit die Menschen sehr beschäftigt. „Wo soll man anrufen im Notfall, ist es ratsam, selbst den Sinkkasten (rechteckiger Gully) zu reinigen und wie oft werden Kanäle und Abflüsse überhaupt gereinigt?“ All das wollen die Leser genau wissen.
70 Kilometer Kanal im Jahr
Betriebsleiter Ulrich Stachowiak und „Kanalmeister“ Rolf Pospiech können da Licht ins Dunkel bringen. Einmal im Jahr müssen alle 32. 000 Sinkkästen im Stadtgebiet gereinigt werden, das Kanalnetz, 720 Kilometer lang, einmal innerhalb von 15 Jahren. Die Bezirksregierung prüft das. „Seit Übernahme der Sinkastenreinigung von Gelsendienste im Juni haben wir 3500 der Abflüsse gesäubert“, sagt Pospiech. Man liege im Soll. Bei den Kanälen kommt Gelsenkanal auf etwa 70 Kilometer im Jahr, die üblen Regengüsse zuletzt haben die Arbeiten um einiges verzögert.
Und „nein, im Notfall bloß nicht selbst Hand an einen Sinkkasten legen“, rät Pospiech weiter. Die würden gefüllt bis zu 100 Kilogramm wiegen, große Verletzungsgefahr! „Besser die Hotline 169 63 11 wählen oder den Notruf 112 .“
Mit der Kamera den Kanal kontrollieren
Apropos Licht ins Dunkel: Für den richtigen Durchblick benötigen die Kanalarbeiter eine Kamera. Sie ist auf einem Schlitten montiert, wiegt mit Antrieb einen Zentner, hat zwei Weitwinkelobjektive und kostet „schlappe 86 .000 Euro“. Mit 20 Zentimetern pro Sekunde schiebt sie sich durch Modder und Abwasser und schießt mal locker an die 30. 000 Bilder pro Tag.
Sich „den Weg im Kanal frei schießen“, das tut im übertragenen Sinne auch der Reinigungswagen, 300. 000 Euro teuer. 320 Liter pro Minuten schießen aus den Düsen. am Schlauchkopf. Das allein reicht aber nicht aus, um die Fracht einer Wohlstandsgesellschaft aus dem Weg zu räumen. Bis zu 120 bar Arbeitsdruck sind dazu nötig – vergleichbar mit dem Gewicht einer Wassersäule von 120 Metern Höhe, die auf einem Taucher lastet. „Unglaublich“, tönt es aus der Leserschaft, „was für ein Aufwand“.