Gelsenkirchen. Subhi Azizi lebt seit einem Jahr in Deutschland. Weil der Syrer die Sprache schnell lernen wollte, hat er sich um ein Ehrenamt bemüht.
Es ist Samstag, pünktlich um 12.30 Uhr hebt Subhi Azizi (23) mit seinem Kollegen Markus die Deckel der metallenen Bottiche an. Kartoffeln, Fisch und Bohnen dampfen darin. Wer lieber Fleisch möchte, der kann den Wursteintopf wählen. Einige wenige Worte, mal nur ein Fingerzeig und Azizi füllt die Teller den Wünschen entsprechend.
Seit einem halben Jahr ist der 23-Jährige ehrenamtlich bei der Caritas im Einsatz, immer samstags und sonntags verteilt er hier morgens und mittags im Weißen Haus an der buerschen Hochstraße Essen an Wohnungslose. Auch als Dolmetscher ist der Syrer mehrmals in der Woche für die soziale Hilfsorganisation der Kirche tätig: Er übersetzt vom Arabischen ins Deutsche und umgekehrt, manchmal helfen schon seine Englisch-Kenntnisse, um Flüchtlingen bei beispielsweise Behördengängen oder Wohnungssuche zu unterstützen. „Es gibt viele Probleme, die die Flüchtlinge haben“, erklärt Azizi. Viele davon hat er selbst gehabt.
Azizi wollte nicht zur Armee
Subhi Azizi ist seit bald einem Jahr in Deutschland. Eigentlich kommt er aus dem Norden Syriens, aus Aleppo. Dort hat er Politikwissenschaften studiert, sollte danach zur Armee. Das wollte Azizi nicht, deshalb ist er geflohen: Zu Fuß war er anderthalb Monate unterwegs, kam so in den Libanon, flog danach in die Türkei. Von dort aus ging es mit dem Boot nach Griechenland. Und wieder weiter zu Fuß: über Mazedonien, in den Kosovo, nach Ungarn und Österreich. Schließlich erreichte Azizi Deutschland, blieb fast acht Monate lang in einem südbayrischen Asylheim.
Mittlerweile wohnt er in Gelsenkirchen-Buer, lernt seit sieben Monaten deutsch. Anfangs, erzählt er, ging es schleppend voran: „Ich wollte Deutsch lernen, aber ich hatte keine deutschen Freunde und so kaum Möglichkeiten, die Sprache zu sprechen.“ Deshalb hat er sich bei der Caritas um ein Ehrenamt bemüht: Um neue Kontakte zu knüpfen, um Bekannte, um Freunde zu finden.
Zum Monatsende kommen gerne mal doppelt so viele Besucher
Heute sind etwa 20 Wohnungslose ins Weiße Haus gekommen, die Sitzplätze im Essensraum sind fast alle belegt. Dennoch: Zum Monatsende kommen gerne mal doppelt so viele Besucher, sagen die Helfer – heute sind drei von ihnen da, in der Regel jedoch stemmen sie den Betrieb als Duo.
Ein rechter Arm hängt über der Tresentür. Er zeigt auf einen Topf, dann auf einen weiteren. Der Mann, zu dem der Arm gehört, ist mittleren Alters. Er hätte gerne Wurst und Fisch, sagt er. „Sie müssen sich entscheiden: entweder Wurst oder Fisch“, erklärt Azizi. Es gibt hier klare Regeln, ein Nachschlag zum Beispiel wird erst um 12.45 Uhr gewährt. Vieles weiß Azizi mittlerweile, wenn er unsicher ist, fragt er bei den Kollegen nach. Das Miteinander in der Küche ist herzlich, aber ruhig-konzentriert: Zu Markus hat Subhi Azizi einen freundschaftlichen Kontakt aufgebaut. „Wir gehen manchmal zusammen essen, reden oft oder schreiben uns über Facebook“, sagt Azizi. Das helfe ihm, die Sprache zu lernen. „Wenn jemand Hochdeutsch spricht, verstehe ich mittlerweile fast alles. Nur bei Akzenten wird’s schwer“, sagt Azizi.
Mindestens drei Jahre darf er in Deutschland bleiben, lässt gerade seine Zeugnisse aus der Heimat übersetzen. „Am liebsten würde ich sofort arbeiten, wenn ich die Sprache beherrsche. Ansonsten würde ich gerne weiter Politik studieren“, sagt Azizi mit ruhiger Stimme. Im Essensraum hingegen klappert und plappert es von allen Seiten.