Gelsenkirchen. Der neue Freizeitlärmerlass des Landes NRW hebt die Zahl der Tage von 10 auf 18 an, an denen Volksfeste, Konzerte oder Kirmesveranstaltungen stattfinden dürfen.
Gerd Osadnik (65) begrüßt den neuen Freizeitlärmerlass, den Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) jetzt vorstellte. „Die Stadt Gelsenkirchen und der Deutsche Städtetag haben sich in einem Beteiligungsverfahren eine Ausweitung der sogenannten seltenen Ereignistage gewünscht. Dem ist mit der Erhöhung von zehn auf 18 Tage pro Jahr vom Ministerium Rechnung getragen worden“, erläuterte der Referatsleiter Umwelt.
Was aber sind seltene Ereignistage? Dazu gehören etwa Schützenfeste, Konzerte, Kirmesveranstaltungen, aber auch ein Public Viewing bei Sportgroßereignissen. Wichtig ist auch die Neuerung gegenüber dem alten, aus dem Jahr 2009 stammenden Erlass: Galten bisher ab 22 Uhr strengere Anforderungen an den Lärmpegel, kann diese Grenze künftig an den 18 Veranstaltungstagen um zwei Stunden bis Mitternacht hinausgeschoben werden. In Ausnahmefällen darf das an Wochenenden und vor Feiertagen sogar bis zwei Uhr nachts gehen.
Das alles findet Osadnik mit Blick auf die Spaßseite des Stadtlebens in Ordnung. Auch, weil es Betreibern, etwa dem des Amphitheaters am Kanal, eine größere wirtschaftliche Sicherheit biete. Der Referatsleiter schränkt aber deutlich ein: „Da kann künftig nicht jeder machen, was er will. Darauf achten wir als genehmigende Behörde.“ Das Stichwort lautet: Interessen abwägen!
Den Gesundheitsschutz gewährleisten
Der Lärm darf tagsüber 70 dezibel (Staubsauer in einem Meter Entfernung) und nachts 55 Dezibel nicht überschreiten. In Spitzen, sagt Osadnik, darf es künftig aber um 20 bzw. zehn Dezibel höher liegen: „Bei Konzerten etwa müssen die Anlagen beim Soundcheck ausgerichtet werden. Nehmen wir allein im Mai die Konzerte von Lindenberg, Grönemeyer und Cold Play. Aber auch das Rock Hard Festival am Kanal, die Jazztage oder Rock am Dom gehören zu den seltenen Ereignissen.“ Im Zweifel seien öffentliche Interessen immer mit denen der vom Lärm betroffenen Anwohner abzuwägen, sagt der Referatsleiter. Es gelte hier, die Nachbarschaften sehr früh zu beteiligen, ihre Ruhebedürfnisse und damit den Gesundheitsschutz auf jeden Fall zu gewährleisten.
Helmut Hasenkox, Geschäftsführer der Stadtwerke-Tochter emschertainment GmbH, begrüßt die Entscheidung, „weil sie Potenzial bietet und ein paar Möglichkeiten eröffnet“. Für seine Gesellschaft aber spiele das keine große Rolle: „Wir sind mit dem Blind Date Open Air am Taubenhaus und rund 150 Indoor-Veranstaltungen im Jahr zu 120 Prozent ausgelastet.“
Kommentar: Interessen abwägen
Machen wir uns nichts vor: An dieser Stelle stoßen die unterschiedlichsten Interessen frontal aufeinander. Auf der einen Seite die der Menschen, die mit Spaß an Veranstaltungen wie Schützenfesten und Konzerten teilnehmen und einfach nur mal unbeschwert feiern wollen. Auf der anderen Seite die der Anwohner, die (nicht nur gefühlt) ein paar Schritte neben der Box oder der Blaskapelle im Bett liegen und einfach nur ihre Ruhe haben wollen.
Kann man beiden Interessen gerecht werden? Ja. Aber es wird nicht einfach. Der Wirtschaftlichkeit darf, bei aller Bedeutung, nicht uneingeschränkt die Vorfahrt eingeräumt werden. Die Anwohner müssen früh eingebunden und mitgenommen werden, wenn in ihrer Nähe ein großes Fest stattfinden soll. Es muss für Verständnis geworben und Interessen müssen abgewägt werden. Nur so kann es vielleicht auf Dauer auch mit den Nachbarn klappen.