Gelsenkirchen.. Im Ausschuss zur Untersuchung von Fehlverhalten wurde aber auch klar: Nach der Ablehnung der Anträge der ehemaligen Jugendamtsleiter forschte niemand nach.
Im sechsten Anlauf wurde die Verwaltung ins Visier genommen: Wie war das im November 2004 und Anfang 2005, als zunächst der damalige Jugendamtsleiter Alfons Wissmann und wenig später sein Vize Thomas Frings ihre Anträge auf Genehmigung einer Nebentätigkeit gestellt haben?
Wer wusste davon – und: Warum wurde Wissmanns Antrag genehmigt, der von Frings dagegen nicht? Obwohl doch beide derselben Nebentätigkeit nachgehen wollten. In ihrer eigenen Firma, der Neustart Kft in Pécs. Um mit intensivpädagogischen Maßnahmen junge Menschen wieder in die gesellschaftliche Spur zu bringen ...
Formular mit spärlichen Angaben
Im Ausschuss zur Untersuchung von Fehlverhalten im Kontext der Jugendhilfe (AFJH) wurde am Donnerstag zunächst Stadtdirektor Dr. Manfred Beck von der Politik gefragt, warum er Ende 2004 als zuständiger Vorgesetzter Wissmanns Antrag befürwortet hatte. „Mir schien es plausibel, dass ein Fachmann wie er an der inhaltlichen Konzeptentwicklung zur intensivpädagogischen Betreuung Jugendlicher mitarbeitet.“ So habe ihm der Amtsleiter die Nebentätigkeit nämlich erklärt. Das eigentliche Antragsformular enthielt nur spärliche Angaben: Fünf bis sieben Stunden wöchentlich und eine Geldpauschale. Heute weiß Beck, dass er getäuscht und dass ihm etwas verschleiert wurde. „Mir war nicht bekannt, dass vor Januar 2005 die ersten Maßnahmen schon liefen. Mir waren auch die Eigentumsverhältnisse nicht bekannt.“ Auch nicht, dass Wissmann die Einrichtung in Pécs selbst geleitet hat.
Seit dem Monitor-Beitrag am 30. April ist er schlauer: „Ich hätte das nicht genehmigt, wenn ich gewusst hätte, dass Alfons Wissmann eine eigene Einrichtung betreibt.“ Was ihn zu dieser Vertrauensseligkeit gegenüber Wissmann veranlasst habe, wurde Beck gefragt. Antwort: „Wir gehen nicht verdachtsorientiert mit Mitarbeitern um.“ Er habe geglaubt, dass es sich um Aufbauarbeit gehandelt habe. Über Gesprächsdetails wollten Beck im nicht öffentlichen Teil berichten.
Im Referat 10 (Personalangelegenheiten) bekamen Anfang 2005 zwei Mitarbeiter dann den von Wissmann zur Genehmigung empfohlenen Antrag von Thomas Frings auf den Tisch. Mit einem in ungarisch verfassten Protokoll einer Gesellschafter-Versammlung. Sie gingen zum Chef, seinerzeit Joachim Hampe, der den Vorgang gestern schilderte. Drei Stichworte in der Übersetzung sind ihm erinnerlich: Resozialisierung, GmbH und Jugendhilfemaßnahme. „Da war mir klar, dass das Gewinn orientiert ist und das ging nicht.“ Außerdem erkannte Hampe eine Interessenkollision. Er trat auf die Bremse: Frings Antrag wurde nicht genehmigt, Wissmanns Genehmigung zurück gezogen. Beide hätten den Vollzug der Anordnung auch bestätigt.
Und haben, wie heute bekannt ist, weiter gemacht. Aufgefallen ist das nicht, weil weder Beck noch Hampe nachgeforschten. Hampe: „Die inhaltliche Bedeutung war mit der Ablehnung erledigt.“