Gelsenkirchen.. Polizeihundertschaften übten auf dem weitläufigen Gelände in Gelsenkirchen-Hassel neue Einsatztaktiken. 400 Kräfte aus Bochum, Recklinghausen, Wuppertal und Gelsenkirchen dabei.

Das Gebrüll der vermummten Demonstranten lässt schon aus der Ferne nichts Gutes erahnen. Und richtig. „Bullenschweine“ oder „All cops are bastards“ (wörtlich „Alle Polizisten sind Bastarde“) skandiert der wütende Mob, die Hände drohend zu Fäusten geballt. Die Stimmung kippt schlagartig. Böller und flackernde Bengalos fliegen aus den Reihen der Antifa in Richtung Polizei, es riecht nach Schwarzpulver – und jetzt nach jeder Menge Ärger.

Doch dazu kommt es nicht. Gelsenkirchener Polizisten mit Kameras haben die Randalierer längst im Blick, unterstützt von begleitenden Kollegen in Zivil und Uniform sind die Scharfmacher fix ausgemacht.

„Zugriff!“ Auf den Befehl hin stürmt ein Zehner-Trupp blitzartig in die Menge. Zwei greifen sich jeweils einen Täter, die anderen schirmen sie ab, sichern den gemeinsamen Rückzug. Geschafft, in Sekunden.

Neue Software hilft bei Identifikation

Ein Zugriffstrupp hat einen Störer in der Masse identifiziert und aus der Menschenmenge herausgefischt.
Ein Zugriffstrupp hat einen Störer in der Masse identifiziert und aus der Menschenmenge herausgefischt. © Foto: Martin Möller / Funke Fot | Foto: Martin Möller / Funke Fot

Auf Zeche Westerholt in Hassel spielen sich diese Szenen ab, der Anlass aber ist kein realer, sondern eine groß angelegte Übung der Polizei mit 400 Kräften. „Unser Szenario ist eine Demonstration“, erklärt Tobias Szech, Zugführer bei der 16. Einsatzhundertschaft in Gelsenkirchen. „Wir üben hier neue Eingriffstaktiken, um Straftäter aus der friedlichen Masse herauszufischen und sie später beweissicher einer Strafverfolgung zuzuführen.“ Dabei ist auch eine neue Computersoftware im Einsatz. Sie macht es möglich, die Bearbeitungszeit stark zu verkürzen und mehrere Dutzend Verdächtige parallel zu identifizieren.

Der Tross aus 280 Demonstranten zieht an einer Absperrung vorbei, als plötzlich 20 Protestler aus der Masse preschen und die Polizisten angreifen. Sie versuchen, sich sprichwörtlich eine Bresche zu schlagen. Doch die Angriffswelle wird von Pfefferspray (hier: Wasser) zurückgedrängt. Und als ein paar Meter weiter nach Stinkefingern und weiteren Hass-Tiraden der Marke „Arschloch-Kameramann“ zusätzliche Gewaltexzesse drohen, ist erneut ein Polizeitrupp zur Stelle, jetzt in 20er-Stärke. Wie ein Pflug bricht er im Eiltempo von der Seite durch die Reihen, schnappt den Täter und zieht sich – stets sichernd – zurück. Zeit zu reagieren, bleibt der Menge da kaum.

Beobachter nickten anerkennend

Auf den nahen Zuschauerplätzen nicken viele Beobachter anerkennend, die Führungskräfte diskutieren und bewerten das Gesehene rege. Denn an der Übung sind neben Gelsenkirchen außerdem noch die Hundertschaften Bochum, Wuppertal und Recklinghausen beteiligt, selbst Vertreter des Innenministeriums NRW sind dabei.

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Hohe Erwartungen hat die Polizei auch an die neue Software. Die Identifikationshilfe ist zugleich der Schlussakt der Übung, als sich aus der überzeugend gespielten „Kundgebung“ ein Protestgrüppchen löst und Polizisten attackiert. Eingekesselt im Polizeitrichter und getrennt von zu Hilfe eilenden Gleichgesinnten werden ihre Personalien erfasst, Beweise gesichert.

Die Polizei, sie wappnet sich.