Gelsenkirchen. Man nehme ein Vollweib, zwei Männer, eine Handvoll Klischees und spielwütige Mimen wie die der Theatergesellschaft Preziosa. So geht Komödie.

Fremdgehen für Fortgeschrittene bescherte der Theatergesellschaft Preziosa drei ausverkaufte Vorstellungen in der Gesamtschule Ückendorf. „Ein Schlüssel für Zwei“ – aus der Feder von John Chapman und Dave Freeman – ist herrlich verrückt und schlüpfrig. Es geht um Harriet, ein echtes Vollweib. Nach einer miesen Ehe mit einem Gauner, der im Knast sitzt, lebt sie in London in einer schicken Wohnung, die sie sich nicht leisten könnte. Einen tollen Job hat sie nämlich nicht, aber die Kennerin der männlichen Psyche und Physis – perfekt verkörpert von Heike Glittenberg – macht das Beste aus ihren Talenten: Sie lässt sich von zwei Männern aushalten.

Die Herren wissen nichts von einander und maulen auch nur maßvoll über die Lebenshaltungskosten ihrer Liebsten. Warum auch, denn „Fisch“ und „Eier“ (so trägt Harriet sie in ihrem akribisch geführten Terminplan nach ihren Spitznamen ein – der eine schleppt nämlich ständig Fisch herbei, der andere ernährt sich praktisch von gekochten Eiern) sind verheiratet. Dass Harriets prüde Mami nichts von dem verruchten Leben ihrer Tochter wissen darf, versteht sich. Dass die alte Dame der Hausbar ständig schwere Verluste zufügt, wie die Lovers glauben, gehört auch zum kunstvollen Arrangement der Femme Fatale.

Spiel mit den Klischees

Die sieben Protagonisten verstricken sich kunstvoll in absurde Lügen. Das schnelle Tempo der Inszenierung, der Wortwitz und auch die überzeugende Körpersprache der Darsteller lassen nur einen Schluss zu: Holger Wagner, Dirk Maischak und Andreas Müller sowie Heike Glittenberg, Simone Käseler (Harriets Freundin Anne) und Jutta Wowro und Christina Piotrowicz als betrogene Ehefrauen machen ihre Sache so gut, dass der Begriff Amateurtheater in ihrem Fall auf den Prüfstand gehört: Preziosa bietet Profis Paroli.. „Sind wirklich schon zwei Stunden herum?“ fragten sich am Ende nach dem Vergnügen viele Zuschauer verwundert. Es gab stürmischen Beifall. Den Autokennzeichen nach zu urteilen, strömten die Fans nicht nur aus Gelsenkirchen zu diesem Boulevard-Hit.

„Ein Schlüssel für Zwei“ spielt mit den typischen männlich-weiblich Klischees: Hier raffinierte Frauen, dort wehleidige, leicht manipulierbare Männer, deren Gehirn nicht mehr funktioniert, wenn andere Körperteile das Sagen haben. Was die Geschlechter gemeinsam haben: Mann und Frau auch gehen munter fremd – und beide reagieren eifersüchtig, wenn andere das Gleiche tun. Über die Story sollte an dieser Stelle aber nicht mehr verraten werden, denn sie ist nicht vorhersehbar und darum spannend.

Übrigens: Preziosa plant auch für Kinder ab vier Jahren und Junggebliebene wieder ein Stück: „Die Bremer Stadtmusikanten“, frei nach den Gebrüdern Grimm. Voraussichtliche ab Ende November und Anfang Dezember.