Brief wirft Bistum "Geheimhaltetaktik" vor
Im Fall des Mädchens, das im katholischen Kindergarten St. Thomas Morus von einem Praktikanten sexuell missbraucht wurde (die WAZ berichtete), erhebt nun die Elternschaft schwere Vorwürfe gegen den Träger der Ückendorfer Einrichtung, den Kita-Zweckverband im Bistum Essen. In einem Brief, der auch vom Elternrat abgesegnet ist, werfen die Erziehungsberechtigten dem Zweckverband eine "Geheimhaltetaktik" und "Verzögerungstaktik" vor, die dem Ruf der Kita, insbesondere aber auch des Trägers, geschadet habe.
Das Schreiben wurde gestern Nachmittag dem Regionalchef des Zweckverbandes, Edgar Hemming, in der Kita übergeben. Dort trafen sich die Beteiligten erstmals zu einem Elterngespräch, nachdem der Vorfall vom Oktober durchgesickert war. Hintergrund: Kita und Zweckverband hatten die anderen Eltern nicht über den Missbrauch des Mädchens durch einen Hauptschüler informiert. Damit, so die Begründung des Bistums, habe man einem Wunsch der Eltern des Opfers entsprochen. Diesen Wunsch, so die Eltern gegenüber der WAZ, habe es nie gegeben. Im Gegenteil hätten sie den Vorschlag unterbreitet, die anderen Eltern anonymisiert über den Missbrauch zu informieren.
Mit dem Schreiben stellen sich die Erziehungsberechtigten hinter die Eltern des Opfers und kritisieren die "Informationspolitik" des Zwckverbandes. Schon "aus moralischer Verantwortung den anderen Kindern gegenüber" hätten alle Eltern informiert werden müssen, heißt es in dem Brief, der der WAZ vorliegt. Darin fragen die Unterzeichner auch: Wollte der Träger eher das Opfer oder seinen Ruf schützen? Und: "Wer trägt die Verantwortung, wenn ein anderes Kind geschädigt wurde?"
Für die Zukunft erwarten die Eltern vom Träger, dass die Kita-Leitung im Krisenfall "zu einem offenen Dialog mit den Eltern angeregt" und "nicht in eine Stillhalteposition gedrängt" werde.