Bundesweit liegt der Anteil der Feuerbestattungen laut dem Bundesverband der Bestatter inzwischen bei 54 Prozent, in Gelsenkirchen gar bei 70 Prozent.
„Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass die Zahl der Feuerbestattungen stetig ansteigt. Die Grundlagen für vermehrte Feuerbestattungen wurden etwa in Zeiten der großen Arbeiterbewegungen gelegt, weil Feuerbestattungen für alle erschwinglicher waren“, erklärt der Hamburger Sozialhistoriker Professor Norbert Fischer, der sich auf Forschungen zur Trauerkultur spezialisiert hat. Auch religiöse Gründe spielten eine Rolle: Vor allem in protestantischen Gegenden habe sich der Hang zu Feuerbestattungen durchgesetzt. „Ein wichtiger Punkt ist sicherlich auch die wachsende Mobilität von heute. Familiengruften, in denen mehrere Generationen ihre letzte Ruhe finden, gibt es kaum noch, weil die Mitglieder der Familien inzwischen so weit verstreut leben. Eine Urne kann man einfach besser „umbetten“. Und sicherlich spielen bei einer großen Zahl der Feuerbestattungen auch finanzielle Gründe eine Rolle, denn diese sind oft sehr viel günstiger als Erdbestattungen und deren Grabpflege“, so Fischer, der allerdings auch schon einen gegenläufigen Trend ausgemacht hat. „Es gibt inzwischen Städte in Deutschland, die es ins Auge fassen, Erdbestattungen komplett kostenlos zu machen – um die Friedhöfe zu erhalten“, sagt er. Fischer unterstützt eine Initiative, die Friedhöfe als „immaterielles Weltkulturerbe der Unesco“ anerkennen lassen will. „Unsere Friedhofskultur ist etwas besonderes. Das sollten wir schützen.“