Karnevalsgesellschaft geht nach 15-jähriger närrischer Abstinenz wieder ins „Epizentrum“ Hans-Sachs-Haus zurück. Prunksitzung am 30. Januar

Sehnsüchtige Blicke auf fesche Kostüme häufen sich, jecke Musik ertönt in dezenter Lautstärke, Gesichter mutieren zu leicht fröhlichen Zügen: Es wird Zeit für Narren, sich auf die fünfte Jahreszeit vorzubereiten. Bei einer der acht Gelsenkirchener Gesellschaften ist die Vorfreude auf die Session besonders groß. Die Narrenzunft wird am 30. Januar 2016 zum ersten Mal nach 15-jähriger närrischer Abstinenz wieder ihr Helau im einstigen Epizentrum Hans-Sachs-Haus anstimmen.

Nur ungern gingen die Jecken damals fremd, fanden im Volkshaus in Röhlinghausen für ihre Prunksitzung ein neues Zuhause. Die Stadthalle in Wattenscheid war für den Verein aus Ückendorf ausgebucht, die Aula im Grillo oder Gauß zu klein.

Bevor das architektonische Innenleben des Backsteinbaus in Schutt und Asche fiel, gehörten die Jecken der Narrenzunft zum karnevalistischen Inventar im Hans-Sachs-Haus. Die Neuauflage im Januar wird gewiss als Prunksitzung inszeniert, die nicht frei sein wird von Nostalgie. So tanzten Eva und Bernd Kunze damals vor über 1000 Narren als Show-Duo auf der Bühne im Hans-Sachs-Haus. Heute über 1000 Menschen mit Anekdoten aus der Bütt und jecken Tönen zu unterhalten, ist schwer geworden. Pressesprecherin Viola Stange wäre glücklich, wenn über 400 Besucher die Tische im Atrium des Hans-Sachs-Hauses bei der Prunksitzung füllten. In früheren Zeiten stimmte die Infrastruktur im Haus. Vom Platz für die Tombola, über Umkleidemöglichketen, bis zur Bestuhlung. „Für den Neubeginn“, so Viola Stange, „haben wir die Pläne selbst erstellt.“ Dazu gehörten Veranstaltungsablauf, Bau der Bühne oder auch die Anordnung der Tische. Die kritischen Stimmen früherer Bedenkenträger seien mittlerweile verstummt. Viola Stange: „Wir wollen es, die Stadt will es, alle Beteiligten stehen jetzt dahinter.“

Einig sind sich die Narren, dass Prunksitzungen etwas Besonderes im Karneval sein sollten. Für Ehrensenator Bernd Kunze, der zu Glanzzeiten in einem Smoking erschien, gehört edle Garderobe zum äußeren Bild einer Gala. Karnevalisten scheinen grundsätzlich darauf geeicht zu sein, auch gerne in edlem närrischen Zwirn ihr Brauchtum zu pflegen. Dabei wissen die Jecken auch äußerst zünftig zu feiern. So fallen bei Herren-, Damensitzungen oder beim Kinderkarneval eher die auf, die nicht kostümiert auftauchen.

Bei den Jecken der Narrenzunft lässt der Ort der Gründung vermuten, dass das Strickmuster der Mitglieder auf Gemütlichkeit und Geselligkeit zugeschnitten ist. Im „Wienerwald“ an der Kirchstraße in der Altstadt hatten sich 52 Mitglieder vermutlich bei Gerstensaft und saftigen Hähnchen versammelt und am 27. März 1976 die Narrenzunft gegründet. Eva und Bernd Kunze, die zuvor schon bei den Bismarcker Funken nach brasilianischen Rhythmen tanzten, eroberten auch für die Narrenzunft die Bühne. Eva schneiderte die Kostüme und trainierte die Garde, später gemeinsam mit ihrer Tochter Ramona.

Heute sind die Narrenzünftler wieder zu ihren Ückendorfer Wurzeln zurückgekehrt. Im Vereinsheim „Unverwechselbar“ schmieden sie die Pläne fürs Narrengeschäft. Zukünftig immer auch fürs Hans-Sachs-Haus. Und zum Fischessen tischt Bernd Kunze im eigenen Karnevalskeller auf.