Gelsenkirchen. Der Fachkräftemarkt ist leergefegt. APD bietet jetzt 22 Pflegekräften aus Serbien einen Arbeitsplatz. Ein Jahr dauert es bis zur Anerkennung der Examina.

Als OP-Schwester hat Silvana Vukadinovic in Serbien gearbeitet – 23 Jahre lang. Nun hat die zweifache Mutter einen neuen Arbeitgeber: die APD, die Ambulante Pflegedienste Gelsenkirchen GmbH. „Ich habe in den letzten Monaten Deutsch gelernt. Jetzt hoffe ich, dass es endlich losgeht. Meine Kinder lieben Deutschland schon“, sagt die blonde Frau, die ihre Zukunft hier sieht. Wie Nada Vasic: „Alles ist neu und manchmal war es schwierig“, sagt sie. „Aber endlich sind wir hier“ – wie 14 weitere Frauen und sechs Männer zwischen 25 und 45 Jahren auch.

40 eigene Auszubildende

In weißer Pflegekleidung sitzen sie im Besprechungsraum der APD an der Pastoratstraße 1, zusammen mit Vertreten der Arbeitsagentur, des Gesundheitsamts, der Wohnungswirtschaft. Es ist eine Willkommensrunde unter ungewöhnlichen Vorzeichen und mit einer Vorgeschichte: Der Pflegemarkt in Deutschland ist leer gefegt. APD bildet zwar aktuell 40 Altenpflegekräfte aus. Aber auch das reicht nicht, um den eigenen Bedarf zu decken. „Wir suchen ab sofort examinierte Pflegekräfte in Serbien“, kündigte APD-Geschäftsführer Claudius Hasenau letzten November an. Im EU-Anwärterland suchen derzeit über 13 000 Pflegefachkräfte einen Arbeitsplatz. In Serbien gibt es einen Einstellungsstopp, Gehälter sind gedeckelt, Mehrarbeit wird in der Regel nicht vergütet. Gute Gründe also, sich neu zu orientieren.

Doch einfach und schnell, hat man auch bei der APD erfahren müssen, geht in einem Europa der Bürokratie wenig. „Bis zur Umsetzung ist ein Jahr vergangen“, stellt Hasenau fest. Über Misa Radunovic in seinem Belgrader Kontaktbüro wurden Stellenanzeigen geschaltet, zu Vorgesprächen waren Hasenau und seine Mit-Geschäftsführer Petra Hasenau und Hans-Werner Rössing in Serbien. Aus 270 Kandidaten wurden mit dem serbischen Arbeitsamt 70 engere Bewerber ausgewählt, für 22 gab es schließlich Arbeitsverträge und Visa. Die Serben sind jetzt da, haben ihre ersten Eindrücke von Gelsenkirchen bei einer Stadtrundfahrt vertieft, sind vorerst allesamt in den Ferien- und Monteurswohnungen untergekommen, die Margret Makowiecki in Sutum vermietet. Und sie haben 1950 Euro Tarifgehalt zu erwarten. Alles attraktiv genug, um nach Gelsenkirchen zu ziehen.

Schalke ist auch in Serbien ein Begriff

„Uns sind Mitabeiter aus unterschiedlichen Herkunftsländern mehr als willkommen. Wir betrachten das als Bereicherung“, sagt Rössing. „Kulturelle Eigenarten zu verstehen, die Muttersprache zu verstehen, bringt ein warmes Gefühl von Pflege und Betreuung.“ Dass sie hier sind, ergänzt Karl Tymister, Leiter der Agentur für Arbeit, ist „nicht das Ende des Projekts, jetzt kommt die große Aufgabe, die Integration zu schaffen. Das ist nicht mit 14 Tagen Willkommenskultur getan.“ Zunächst geht es um profane Dinge: Deutsch verbessern, amtliches Führungszeugnis vorlegen, Bildungsabschlüsse anerkennen. Am Ende steht, nach Krankenhauspraktika und Schulung, in einem Jahr die Anerkennung der Examina.

Mit „Glückauf“ als Reviergruß können die Serben bei der Vorstellung schon einiges anfangen. Die Stadt, gestehen sie, habe ihnen zuvor aber nicht viel gesagt. „Nur Schalke 04“ – das ist bekannt.