Gelsenkirchen. Die WHO warnte vor steigender Darmkrebsgefahr bei Fleischverzehr. An den Ladentheken ist das kein Thema. Allerdings sind die Metzger aufgebracht.
Die Warnung der WHO, der Welt-Gesundheitsorganisation, vor verarbeitetem Fleisch, also Wurst oder Schinken, lässt Kunden offenbar kalt. Fleischverzehr und drohende Darmkrebsgefahr? An den Verkaufstheken ist das kein Thema. Höchstens eines für Sarkasmus: „Da kann ich ja gleich das Rauchen anfangen“, witzelt ein Mann in der Fleischerei Thelen. Heinrich Thelen, der Chef und, wie er sagt, Metzger „mit Leib und Seele“, bleibt nicht ganz so gelassen. „Um in der Branche zu bleiben: Jede Woche wird eine andere Sau durchs Dorf getrieben. Was uns in den Betrieben nervt ist, dass man Fleisch nur noch negativ darstellt. Aber wir stehen hinter unserer Ware und hinter unserem Produkt.“
Die WHO sieht „ausreichend Belege“, dass das Darmkrebsrisiko je 50 Gramm verarbeitetes Fleisch am Tag um 18 Prozent steige. Ute Kwasnitza, die in der Fleischerei ihre Einkäufe erledigt, ficht das nicht an: „Das schränkt mich nicht ein, wir essen ohnehin nicht viel Fleisch oder Wurst.“ Als generellen Trend spürt das auch Thelen: „Das Kauf- und Essverhalten hat sich verändert, der Fleischverzehr ist seit Jahren rückläufig.“ Auch Rudolf Huckauf sieht’s gelassen: „Das ist ja nicht neu. Alles, was zu viel ist, ist nicht gut für den Körper.“ Mittag gegessen hat er gerade im Fleischerimbiss an der Hauptstraße – allerdings „Heringsstipp mit Kartoffeln und Roter Beete. Weil doch Freitag ist. War wie immer lecker.“
BSE hatte andere Dimensionen
„Wir stellen fest, dass die Leute die Dinge realistisch einschätzen, hält Thelen fest. „BSE oder die Geflügelgrippe hatten für uns ganz andere Dimensionen. Ich denke, dass sich Kunden überall informieren können. Sie haben ein großes Maß an Eigenverantwortung, jeder kann selbst entscheiden.“
Bewusst einkaufende Kunden – die stehen in der Fleischerei Pütz an der Feldmarkstraße in der Regel vor der Theke. Der aktuelle WHO-Befund sei „ohne großartige Auswirkungen vorüber gegangen. Unsere Kunden wussten das bereits, da wird wieder mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, sagt Christian Pütz. Mit seiner Schwester Susanne Zimmermann setzt er seit 2011 im Verkauf und in der Wurstproduktion zu 90 Prozent (außer Kalb und Lamm) auf Bio- und Neuland-Fleisch von Höfen aus der Region, neuerdings verkauft er auch Neuland-Putenfleisch nach den Richtlinien, die über die Anforderungen des EU-Bio-Siegels hinausgehen. Geärgert hat Pütz die aktuelle Diskussion dennoch mächtig: „Ich habe auf unserer Facebook-Seite ganz klar Stellung dazu genommen.“
„Der Wolterhof“ in Resse vermarktet im Hofladen Wurst und Fleisch aus eigener Produktion. 90 Tiere zählt die Limousin-Rinderzucht des Betriebs, die Tiere werden bei einem Metzger in Reken geschlachtet. Auch an der Middelicher Straße ist das Thema Krebs durch. Unsere Kundschaft, heißt es dort „interessiert das nicht“.