Gelsenkirchen. Das Seniorentheater „synovia“ ist den „Kinderschuhen“ längst entwachsen. In „Hinterher – Szenen vom Glück“ überzeugt es konzeptionell und inhaltlich.

„Glück ist Freiheit von Not und Mangel“ ist die einfachste Definition, die Glückforscher Dr. Lazlo Hopp (Reinhold Stania) am Freitagabend im Consol-Theater bieten kann. Doch das Thema ist weitaus vielschichtiger, davon erzählt die zwölfköpfige Truppe von „synovia“ in neunzig Minuten erstklassigem Schauspiel.

Zu Beginn stehen die Charaktere wie Figuren einer Spieluhr auf der Bühne. Ein jeder ist gefangen in seiner immer gleichen Bewegung zu Volkmusik mit der Zither – schließlich ist der Schauplatz von „Hinterher“ – Szenen vom Glück“ der Glacier-Express in der Schweizer Alpenkulisse. Routine durchbrechen, nicht aufhören zu suchen, das scheinen die Rezepte zum Glück. „Bleibe hungrig! Man muss finden, was man liebt“, rät die geschäftige Schaffnerin des Zuges. Und doch scheint auch sie, die ihren Beruf offenkundig vergöttert, eine Getriebene. Zufall, dass Schauspielerin Regine Kaiser, übrigens sehr souverän, auch die „Frau aus der Anstalt“ spielt? Vielleicht.

Ihr Idol ist „Meister Propper“

Doch es passt in das Konzept, das alles zwei Seiten hat. Ein einfaches Gespräch, für viele Ausdruck der Langeweile, ist für die Verwirrte eine seltene Erfüllung. Ist Glück Reichtum, wie Norbert Pricken-Ulrich zackig und geschniegelt den Millionär sagen lässt? Oder Leidenschaft und ein neuer Partner? „Ausschütten Droge Liebe“, stellt Barbara Schlemm mit köstlichem russischen Akzent als Irina Koslowa fest. Dem steht die Beständigkeit von 40 Jahren Ehe gegenüber, die Höhrs (Willi Marschewski und Gisela Meyer zu Dielendorf) propagieren. Wie viel Bodenloses hinter einer glücklichen Fassade schlummern kann, zeigen die beiden in einem bedrückenden Schauspiel im Schauspiel. Ein abgesägtes Bein, der kranke Wunsch den Partner zu brechen, um dann Vorwürfe erheben und sich über ihn erheben zu können. „Ist Erinnerung schöner als das Leben?“ In diesem Falle wahrscheinlich.

Unglück zeigt sich in Alpträumen der Kindheit, der Pessimist fürchtet ständig Entgleisungen und Erdölknappheit. Rita Müller (Heidi Kehe) ist scheinbar unzufrieden, nörgelt und putzt immer. Aber ihr Idol ist „Meister Propper“, wenn alles sauber ist, dann ist sie glücklich. Turbulent und kurzweilig rauschen die Szenen dahin, das Seniorentheaterteam der Volxbühne des Consol ist längst keine „Laienspielgruppe“ mehr. In dieser Produktion unter der Leitung von Ulrike Czermak überzeugen sie nicht nur schauspielerisch sondern eben auch konzeptionell und inhaltlich. Eine Patentlösung zum Glück können sie natürlich nicht bieten, aber auf jeden Fall eine gute Anregung für einen ersten Schritt in die passende Richtung: „Lächeln! Aus dem Inneren heraus!“

Seit dem 2008 gibt es die Gruppe „synovia“ für Theaterbegeisterte jenseits der 60. Sie trifft sich freitags von 10 bis 13 Uhr zum Proben im Consol Theater. Die Leitung hat Ulrike Czermak.