Gelsenkirchen.

Die Probleme der Revierkommune Gelsenkirchen, die alle Hebel in Bewegung setzt, um Unterbringung und Betreuung täglich neu ankommender Flüchtlinge zu organisieren, steht am Ende der Kette einer beängstigenden Krise mit Namen: Europa.

Die europäische Gemeinschaft, 2012 mit dem Friedensnobelpreis gekrönt, steht angesichts des Umgangs mit der Flüchtlingsunterbringung vor der Zerreißprobe. Was momentan auf EU-Ebene läuft, geht gar nicht, sagte Freitag ein äußerst nachdenklicher SPD-Politiker Markus Töns. „Wir sind an einem Kernpunkt der europäischen Zukunft angekommen.“ Das ist – nicht nur, aber im besonderen – mit Blick auf Ungarn oder Dänemark und deren Umgang mit Kriegs- und Krisenflüchtlingen wohl wahr. Dabei sind die beiden Länder nur die Spitze des Eisbergs. Europa, das funktioniert zurzeit nach dem Motto: Flüchtlinge aufnehmen? Unbedingt – aber bitte nicht bei uns.

Wahr ist auch, dass diese Staatengemeinschaft Europa einer Stadt wie Gelsenkirchen selten so nah war. Weil hier die unmittelbaren Folgen der absolut unterschiedlichen Hilfsbereitschaft mehr als deutlich spürbar werden. Dabei steht die Stadt, daran sei erinnert, nicht nur vor der Herkulesaufgabe, zugewiesene Menschen aus Syrien, dem Irak oder etwa Eritrea aufzunehmen – sie muss das eine tun, ohne das andere zu lassen: EU-Südost-Zuwanderung, Internationale Förderklassen und on Top eine der höchsten Langzeitarbeitslosenquoten Deutschlands. Von Hausaufgaben wie Inklusion und demografischer Wandel mal ganz zu schweigen.

Friedenssicherung, sozialpolitische Gerechtigkeit und Solidarität rückt vor diesem Hintergrund das Gelsenkirchener SPD-Trio Gebhard, Töns und Haertel als Hauptaufgaben europäischen Handelns in den Fokus. Tugenden, die hinter wirtschaftlichen Interessen und Krisen ala Griechenland ins Hintertreffen geraten sind.

Alles in allem eine schwierige Gemengelage, vor deren Hintergrund sich die SPD in Gelsenkirchen positioniert und Forderungen stellt. Etwa auch die: vollständige Übernahme der Gesundheitskosten für Flüchtlinge durch den Bund. Es ist verständlich, wenn SPD-Fraktionschef Haertel anmahnt, dass eine Stärkungspakt-Kommune wie Gelsenkirchen nicht durch die Kosten der Flüchtlingsunterbringung gegen ihre Konsolidierungsverpflichtungen verstoßen darf.

Die unglaubliche Welle ehrenamtlicher Hilfsbereitschaft zeigt: Menschen sind bereit, in der Not uneigennützig anzupacken. Das kann man gar nicht genug wertschätzen. Daran könnte sich Herr Schäuble, Hüter der schwarzen Null, etwas abgucken und Kommunen für ihre Herkulesaufgaben geben, was sie dringend brauchen. Mehr Geld – jetzt!

Inge Ansahl