Gelsenkirchen. . Wohnprojekte sind keine Exoten mehr. Eine Tagung im Wissenschaftspark stellt Modelle vor und setzt auf Rotterdam als Vorbild für Ückendorf

Es fing an mit Hausbesetzern, Randgruppen und Alternativen aller Denkrichtungen. Mittlerweile jedoch sind Wohnprojekte mit Menschen, für die Wohnen mehr bedeutet als die Anmietung von drei Zimmern, Küche, Bad, längst auch in der breiten Bevölkerung angekommen. Selbst Wohnungsbaugesellschaften steigen ein. Und so kamen zum 13. Wohnprojektetag NRW im Wissenschaftspark an der Munscheidstraße Vertreter unterschiedlichster Kommunen, Gemeinschaften, Anbieter, Förderer und Finanzierer, um sich über die aktuelle Situation, neue Trends und neue Möglichkeiten auszutauschen. Eingeladen hatte die WohnBundBeratung NRW.

Über 250 unterschiedlichste Wohnprojekte gibt es in NRW bereits

Joost Woertmann zeigt sein perslnliches Wohnprojekt in Rotterdam – vor und nach der Sanierung in Eigenleistung. Rotterdam soll Vorbild für ein Modellprojekt an der Bochumer Straße werden.
Joost Woertmann zeigt sein perslnliches Wohnprojekt in Rotterdam – vor und nach der Sanierung in Eigenleistung. Rotterdam soll Vorbild für ein Modellprojekt an der Bochumer Straße werden. © Funke Foto Services

Vorgestellt wurden die unterschiedlichsten Modelle. Ein Projekt mit Menschen mit und ohne Behinderungen aller Altersstufen vom Kind zum 90-Jährigen in Wien, ein schwul-lesbisches Projekt, Wohnen im Bauwagen oder auch im Schloss Tempelhof, Beginenhäuser nach dem Vorbild mittelalterlicher Traditionen, in denen nur Frauen leben dürfen – die Liste der Ideen und Formen ist lang. Rund 250 Wohnprojekte gibt es mittlerweile in NRW in unterschiedlichster Trägerschaft und Gesellschaftsform, Tendenz stark steigend.

Auch in Gelsenkirchen ist so etwas angedacht. Als Pilotprojekt für NRW, das sich an einem ausgesprochen erfolgreichen Modell orientiert, das im niederländischen Rotterdam realisiert worden ist. Dort wurden in einem Viertel mit vielen Problemhäusern und hoher Kriminalitätsrate von der Kommune Häuser aufgekauft und zu sehr günstigen Konditionen an Privatinvestoren weitergegeben, die sich verpflichteten, die Häuser instand zu setzen und dort Wohnen und auf Wunsch auch Arbeiten unter einem Dach zu realisieren.

Auch interessant

Joost Woertmann ist einer dieser „urbanen Pioniere“, die sich nicht nur um sich, sondern auch um Nachbarn kümmerte. Und der die Muskelhypothek umsetzte. Von Hause aus Architekt, konnte er freilich auch viel selbst in die Hand nehmen. Seinem Beispiel folgten zahlreiche Wagemutige. Heute hat das Projekt Mühe, noch Problemhäuser im Viertel zu finden, die entsprechend umgewandelt werden könnten. Die Interessenten stehen Schlange.

Bedingungen noch in diesem Jahr festzurren

„Noch ist die Kriminalitätsrate bei uns im Viertel zwar nicht ganz niedrig, aber die Menschen kümmern sich viel mehr um sich und ihr Umfeld. Die Nachbarschaft wächst und es wird immer besser,“ freut sich Joost Woertmann, der den Rotterdamer Ansatz auch bei der Tagung im Wissenschaftspark vorstellte. Tim Rieniets, Geschäftsführer der Landesinitiative StadtBauKultur NRW hofft, noch in diesem Jahr mit der Stadt bzw. der Stadtentwicklungsgesellschaft einig zu werden über die Bedingungen zur Entwicklung von vier Häusern an der Bochumer Straße zum Modellprojekt nach Rotterdamer Vorbild. Mit kreativen und anpackenden Menschen und für den Stadtteil.