Gelsenkirchen. Acht Tage lag ein Patient tot in einem Klinik-Fahrstuhl in Gelsenkirchen. Im Krankenhaus hat man bisher keine Erklärung, wie es dazu kommen konnte.
Unglaubliche acht Tage hat der Tote in einem feststeckenden Fahrstuhl der Evangelischen Kliniken gelegen, bis einem Techniker der Stillstand auffiel und er beim Nachsehen auf die Leiche stieß. „Es handelt sich bei dem Mann um einen 59-jährigen Patienten“, sagte Polizeisprecher Olaf Brauweiler. Was letztendlich zum Tod des Mannes geführt hat, bleibt unklar. Denn die Leiche des Gelsenkircheners sei bei ihrem Fund so stark verwest gewesen, dass die tatsächliche Todesursache nicht mehr ermittelt werden könne.
Ein Umstand gibt zu denken. Der Fahrstuhl besitzt zwei Bedienfelder mit je einem Alarmknopf, darunter eines in behindertengerechter Ausführung. Aber es gibt weder eine akustische noch eine optische Alarm-Anzeige im Technik-Raum oder am Empfang im Foyer, die Alarm schlägt, wenn es eine Störung gibt. Nur die Notrufschalter in der Kabine. Und die wurden nachweislich nicht gedrückt. „Wir sind immer davon ausgegangen, dass jemand den Notruf betätigt, wenn etwas nicht stimmt“, sagte Klinik-Sprecherin Corinna Lee. Ein solcher Alarm hätte automatisch eine Sprechverbindung zum Empfang hergestellt.
Der 59-jährige Mann ist nach Angaben der Klinik am 30. Juni zur psychiatrischen Behandlung aufgenommen worden. Am Donnerstag (2. Juli) ist sein Verschwinden aufgefallen und dem Gelsenkirchener Wohnheim, in dem er lebte, gemeldet worden. Als der Patient tags darauf weiter fehlte, hat die Klinik am Freitag (3. Juli) gegen neun Uhr die Polizei informiert.
„Es kommt oft vor“, sagte Lee, „dass sich Patienten eigenverantwortlich und selbstständig entlassen.“ Daher habe man seinem Fehlen keine größere Bedeutung beigemessen. „Zumal keine Gefahr bestand“, so die Sprecherin weiter. „Der Patient war nicht suizidgefährdet, auch handelte es sich nicht um eine geschlossene Abteilung.“
Ein Sachverständiger hat laut Staatsanwaltschaft ein vorläufiges Gutachten zum Fahrstuhl erstellt. Danach ist der Aufzug am Donnerstag, 2. Juli, gegen 14 Uhr wegen einer technischen Störung zum Stehen gekommen. Warum, ist Gegenstand weiterer Untersuchungen. Nach Angaben der Klinik ist der Lift „zuletzt am 30. Juni überprüft worden“. Beanstandungen habe es keine gegeben.
Eine Erklärung dafür, warum so viele Tage vergingen, bis der Defekt auffiel, hat die Klinik nicht. „Das wird noch geklärt. Wahrscheinlich haben Besucher und Patienten einfach den gegenüberliegenden Fahrstuhl benutzt, wenn sie lange warten mussten.“, sagte Lee. Im hinteren Teil des Krankenhauses befördern zwei Anlagen Menschen und Material auf vier Stationen.
Wie sieht es in anderen öffentlich zugänglichen Gebäuden mit Fahrstühlen aus? Kaufhof vertraut aufs Vier-Augen-Prinzip, die Stadverwaltung verzichtet auf abendliche Rundgänge und auch beim Bergmannsheil will man keine weiteren Kontrollen einführen: Bei der Überprüfung von Aufzügen gibt es große Unterschiede.
Zwei Mitarbeiter stellen abends bei Kaufhof die Personenaufzüge ab, dabei werde auch kontrolliert, ob sich jemand im Fahrstuhl befinde. Alarmsysteme und Technik würden halbjährlich gewartet. Im Hans-Sachs-Haus würden die Aufzüge nicht täglich kontrolliert, sagt ein Stadtsprecher. Spätestens am nächsten Morgen würde man eine eingeschlossene Person finden. Im Bergmannsheil arbeiten Techniker im Bereitschaftsdienst: Sobald ein Aufzug still stehe, gehe eine Meldung heraus. Man sehe keinen Anlass, die Fahrstühle häufiger zu kontrollieren.
Gesetzlich vorgeschrieben ist die jährliche TÜV-Prüfung. Mitarbeiter prüfen Seile, Fangvorrichtung und Notrufknopf. Im Jahr 2014 war deutschlandweit jeder zweite Aufzug mängelfrei. Der TÜV legte 0,66 Prozent der Fahrstühle wegen gefährlicher Mängel still.