Gelsenkirchen. Helmut Moldenhauers verwunschenes Haus in Ückendorf ist prall gefüllt mit skurrilen Erinnerungen an existenzielle Höhen und Tiefen.
Von außen: Ein ganz gewöhnliches Wohnhaus an der Ostpreußenstraße am Rande von Ückendorf Die Wände verziert mit Malereien, schließlich lebt hier ein Künstler. Wer aber das Innere des Gebäudes betritt, gerät schlagartig in eine komplett andere, eine überraschend bizarre Welt und weiß: Hier wohnt jemand, den man landläufig einen Lebenskünstler nennt. Ein Besuch bei Helmut Moldenhauer, dem 64-jährigen Ruhrpott-Original, ist eine Reise in ein völlig verrücktes, üppiges Sammelsurium.
Ein Raum, der Geschichten erzählt, ein Ort mit viel Platz für Philosophie, Gespräche, Texte, Kunst.
Wow! Was für ein Wohnzimmer! Prallvoll mit auf den ersten Blick Bergen von Ramsch und Trödel. Postkarten, vergilbte Fotos, Christbaumkugeln und Kranzschleifen von Gräbern, bemalte Puppenköpfe, Schriftstücke, alles baumelt an Bändern von der Decke wie einst Kumpelkörbe in einer Kaue. Eine Mega-Installation aus Collagen , die von Sehnsüchten, Ängsten, Träumen erzählt. Mittendrin steht Helmut Moldenhauer, qualmt und sagt: „Das hier stammt alles aus meinem Leben.“
Objekte, Texte, Fundstücke allüberall
Einem Leben, das bereits an der Ostpreußenstraße begann, denn der kauzige Künstler lebt bis heute in seinem Elternhaus. Seine berufliche Karriere begann mit einer kaufmännischen Lehre, später mit einer guten Arbeitsstelle. „Alles Null-Acht-Fünfzehn“, wie er sich heute schmunzelnd erinnert.
Brüche im Leben verursachten vor allem gescheiterte Liebesbeziehungen. Bis heute verarbeitet er die in seiner Kunst, die vor allem aus Fundstücken entsteht: „Manchmal liegen Dinge zwanzig Jahre hier herum und dann mache ich was daraus.“ Daneben schreibt Moldenhauer zahllose Texte, Sinnsprüche, Erinnerungen an Höhen und Tiefen seines exzessiven Lebens. Arbeitsmotto war ihm stets ein Satz von Joseph Beuys’: „Mach, was in Deinem Kopf ist!“
Dass er sich schon lange mit dem Tod, auch dem eigenen, auseinandersetzt, dokumentiert der Sarg, der seit einem Vierteljahrhundert Moldenhauers Wohnzimmer ziert. „Man kann schnell in eine sehr verzweifelte Situation kommen“, sagt der Mann mit der Strickmütze und erinnert sich an Elvis, den legendären Obdachlosen, der lange in Gelsenkirchen auf der Straße gelebt und dem Musiker Norbert Labatzki kürzlich ein theatralisches Denkmal gesetzt hat: „Ich kannte den Elvis und habe Skulpturen über ihn gefertigt.“ Eine mit einer zerborstenen Gitarre zum Beispiel, „Der Rest von Elvis!?“ Diese Objekte gelten ihm als Sinnbild für alle Gestrandeten. In seinem verwunschenen Garten voll rätselhafter Skulpturen steht eine Laube, in der der Hausherr schon mal Obdachlosen ein Dach überm Kopf gab. „Meine Solidarität gilt den Hoffnungslosen, den Aussätzigen, mit denen niemand etwas zu tun haben will.“ Bis heute.