Wie gut ist der Einbürgerungstest? Die WAZ fuhr zur Fachhochschule Gelsenkirchen und legte Studenten sechs Fragen aus dem Fundus vor. Fast alle beantworten sie richtig – kamen aber trotzdem ganz schön ins Grübeln.

„Was ereignete sich am 17. Juni 1953 in der DDR?” Uff, da war doch was? Kathrin und Patricia grübeln. „Ist das nicht heute noch so ein Feiertag?”, fragt Kathrin (26) in der Eingangshalle im FH-Neubau. Patricia (25) sagt lieber erst mal gar nichts. Vier Antworten, immerhin, geben die Macher des Tests vor. Die da wären: a) der feierliche Beitritt zum Warschauer Pakt, b) landesweite Streiks und ein Volksaufstand, c) der 1. SED-Parteitag, d) der erste Besuch Fidel Castros. „Also, ich würd die da nehmen”, sagt Kathrin und zeigt auf Antwort c). Patricia ist jetzt aber dran. Tapfer tippt sie schließlich auf b). Richtig, noch mal gut gegangen. Gut 300 Fragen hat der Katalog, aus dem 33 für den Einbürgerungstest herausgesucht werden. Sechs Zahlen zwischen eins und 300 durften sich die Studenten aussuchen – und bekamen die entsprechenden sechs Fragen. Schwierig sei er nicht, der Test, sagen die beiden Wirtschaftsstudentinnen am Ende, nur jeweils eine falsche Antwort haben sie abgeliefert. Wenn man aber nicht in Deutschland wohne und das Land nicht kenne, meint Kathrin, dann müsse man aber schon lernen – „wie für einen Führerscheintest”. Wer aus Afrika, fragt Patricia, soll schon wissen, dass man hier zu Lande einen Anwalt braucht, um sich scheiden zu lassen? Oder einen gekauften Fernseher, der kaputt ist, „reklamieren” kann? Ein bisschen ärgern sich aber beide, dass sie nicht alles wussten. „Im Fernsehen lach' ich immer, wenn Leute nicht wissen, wo NRW ist”, gibt Patricia zu. Und hätte fast selbst nicht gewusst, dass Sachsen-Anhalt das Land ist, das früher zur DDR gehörte und nicht Hessen, NRW oder das Saarland. Wer den Kanzler wählt? Da musste sie passen, tippte auf die Bundesversammlung – und nicht auf den Bundestag. Und die Kommilitonin kannte nicht das Grundrecht in Artikel 1 des Grundgesetzes. „Peinlich”, kommentierte sie. Und die Jungs der Schöpfung? Schafften's auch fast fehlerfrei, aber ebenfalls mit so manchem Grübeln und Zweifeln. „Ich verstehe die Frage nicht”, meint Sebastian Lichtenstein, der mit Tobias Dargel und Christian Henkemeyer auf einen Tisch im Foyer über Medizintechnik-Büchern hängt. Gemeint ist diese: „Das Wahlystem in Deutschland ist ein. . . a) Zensuswahlrecht, b) Dreiklassenwahlrecht, c) Mehrheits- und Verhältniswahlrecht oder d) allgemeines Männerwahlrecht. Bei d) grinsen sie, und doch sagt Sebastian dann richtig c), auch wenn er die Frage umständlich findet. Und raten muss der 22-Jährige, nach wie vielen Jahren das EU-Parlament neu gewählt wird. Nach fünf – richtig geraten. Christan Henkemeyer hat einmal Pech, als er nicht weiß, dass es die Bundesversammlung ist, die den Bundespräsidenten wählt, ansonsten ist alles richtig. Dass es den Test gibt, finden alle Studenten gut, auch dass es entsprechende Kurse gibt, in denen sich die Ausländer fit machen könnten. Wer in einem Land leben, ja dessen Bürger sein will, meint Kathrin Tarnecki, der sollte sich schon mit Gepflogenheiten, Rechten und Pflichten auskennen, um zu recht zu kommen. Und doch seien einige Fragen „Schwachsinn”, kritisiert Patricia Fron. Muss man wirklich alle Ländern kennen, die an Deutschland grenzen? Oder die ehemaligen Sektoren in Berlin benennen können? Sebastian Lichtenstein findet, dass so manche Frage zudem „blöd”, weil umständlich gestellt sei. Tobias Dargel (25) kritisiert was ganz anderes. Es dürfe nicht sein, dass man den Test mit 50 Prozent an richtigen Antworten bestehe. 60 oder 75 Prozent, so der Medizintechnik-Student, müssten es schon sein. Sonst wären die Anforderungen zu gering.