Gelsenkirchen. . Ein Labrador findet einen kleinen Kauz im Park, sein Herrchen holt die Feuerwehr. Das Tierkind landet im Zoo - dort sieht man die Rettung mit gemischten Gefühlen.

Zoom-Tierärztin Dr. Pia Krawinkel hat in ihrer Veterinärstation eine Nisthöhle für einen besonderen Gast eingerichtet. Im Zoo wird ein Kauz aufgepäppelt. „Er hat noch sein Jugendgefieder und wird wohl so 250 Gramm wiegen. Es wird noch zwei bis drei Monate dauern, bis er so weit eigenständig ist und ausgewildert werden kann“, sagt die Tierärztin.

Ihr Gast, schätzt sie, ist rund vier Wochen alt. „Dann können die Tiere klettern und kommen in der Natur aus ihrer Nisthöhle raus“ – sie werden dann weiter von den Altvögeln versorgt und sollten von Menschen nicht angefasst werden“, warnt die Expertin eindringlich. „Denn so raubt man den Eltern eigentlich die Tiere.“

Allein auf weiter Flur mitten im Park

Nichts lag Thomas Hütten ferner. Er wollte helfen. Die Vorgeschichte: Mit seiner Hündin Fluse war Hütten Karfreitag im Rheinelbepark unterwegs – zum Ballspielen. Doch dann zog es die zwei Jahre alte Labrador-Dame plötzlich zu einem Baum auf der Parkwiese. Intensiv wurde das Wurzelwerk am Stamm beschnuppert. Hütten wurde neugierig, was Fluse dort so ausdauernd beschäftigte: Es war ein kleiner Raubvogel, allein auf weiter Flur. Flauschig, längst noch nicht flügge. Der kleine Kauz hatte sich am Stamm festgesetzt und guckte für Hütten arg hilfsbedürftig aus den großen Knopfaugen. Was tun? Wohin mit dem Tier? Für den 47 Jahre alten Verkaufsleiter begann in Ückendorf ein längerer Telefon-Marathon.

Forststation und zentrale Behörden-Servicenummer 115 brachten ihn am Feiertag gar nicht weiter, ein Anruf bei seinem Tierarzt ebenfalls nicht so richtig. Eine Nummer der Tierrettung bekam er zwar, dort wiederum aber keinen Kontakt. So landete Hütten schließlich bei der Feuerwehr, die denn auch zur Leithestraße ausrückte. Jeden Tag ein-, zweimal werde das Kleineinsatzfahrzeug für Tiereinsätze angefordert, so die Feuerwehr. Raubvogel-Kinder gehören dabei zu den selteneren Passagieren im Gerätewagen. „12.41 Uhr, Verletzter Uhu“ listet der Einsatzbericht für den Tag auf. Und der kleine Kauz landete dort, wo die Feuerwehr mit besonderen Fällen eine fachlich bestens gerüstete Auffangstation weiß: in der Zoom Erlebniswelt.

Hütten war danach froh, dass sich professionelle Helfer um sein Findelkind gekümmert hatten. Dass er den Vogel hätte besser einfach sitzen lassen sollen, kam ihm in der Situation nicht in den Sinn – „das hätte mir ja auch jemand von der Feuerwehr sagen können“, findet er. Aber so „offen auf der Wiese, frei zugänglich für andere Hunde“, wär das wohl keine guter Platz für einen kleinen Kauz gewesen. Es sind ja nicht alle Vierbeiner so rücksichtsvoll wie Fluse.

Lernen fürs (Über)-Leben: Mäuschen schlagen

Verletzte Eichhörnchen, Igel „oder alle Arten von Singvögeln“, manchmal auch Marder oder Schwäne landen in der Veterinärstation der Zoom-Erlebniswelt und werden dort kuriert oder groß gezogen. Für den kleinen Kauz wurde eine Art Nisthöhle eingerichtet.

In der Natur fallen Käuze mit ihrem markanten Ruf auf, zu sehen sind sie seltener. Käuze brüten bevorzugt in Laub- und Mischwäldern, aber auch in Parkanlagen und Gärten mit altem Baumbestand, wo sie ihre Bruthöhlen finden können. Käuze sind sogenannte Standvögel und bleiben in ihrem Revier – und das ein Leben lang.

Bis dahin hat das Findelkind aus dem Rheinelbepark noch eine weite Strecke vor sich. „Die Pfleger füttern ihn“, sagt Tierärztin Dr. Pia Krawinkel. Mit „Kükenklein und kleinen Mäusen“ wird der Hunger gestillt. Bevor der nachtaktive Jäger irgendwann mit eigenen Krallen Beute macht, muss er noch in die Schule fürs Überleben und lernen, wie er selbst an Futter kommt – eine der Ausnahme-Übungen im Zoom. „Das ist der einzige Fall, in dem wir im Zoo lebende Tiere anbieten“, sagt die Tierärztin. „Mäuschen schlagen lernen“ wird der Jungkauz demnächst in einer Voliere, in der er fliegen kann. Den undankbaren Lehr-Job bekommen dann Futtermäuse, die ihm vorgesetzt werden: Zunächst in einer größeren Wanne, damit sie sich nicht so leicht verdrücken können, ehe sie als Kauzhappen enden.